Zentralklinik
Der neue Gebäudeteil Süd macht die Transformation zur Zentralklinik sichtbar. Noch in diesem Herbst findet die Grundsteinlegung statt. Wenn der Komplex fertig ist, besitzt das Klinikum Braunschweig auch einen neuen Haupteingang.
Text: Prem Lata Gupta
Visualisierung: bloomimages GmbH
Illustration: Lars Heppner/MMA
Sichtschutzwände, rot-weiße Absperrungen: Nach der viel beachteten Inbetriebnahme des Gebäudes Ost im Dezember 2024 ist mit den Veränderungen am Klinikum Braunschweig längst noch nicht Schluss. Im Gegenteil. Inzwischen wurde Platz geschaffen für den Gebäudeteil Süd. Nach der Demontage eines älteren Modulgebäudes bereits vor drei Jahren, das zur Wiederverwendung abtransportiert wurde, folgte 2025 parallel zur Straße Fichtengrund der Abriss eines großen Bettenhauses. An dieser Stelle entsteht der Gebäudeteil Süd, gleich neben dem Gebäudeteil Ost. Nach Fertigstellung in schätzungsweise knapp fünf Jahren befindet sich vorgelagert und als verbindendes Element zwischen diesen beiden Baukörpern eine zweistöckige Eingangshalle, hell, mit großen Glasfronten, barrierefrei und in unmittelbarer Nähe zum Parkhaus. „Es wird ein unübersehbarer Zugang sein mit klarer Signalwirkung“, erläutert Friedrich Prem, Geschäftsbereichsleitung Change Management und Facility Management.

Infrastruktur ist nicht mehr zeitgemäß
Er hat die Idee der Zentralklinik entwickelt: Dazu bedarf es nicht nur Expertise, sondern auch einer Vision. Denn diese Zentralklinik wird die größte kommunale Klinik Niedersachsens und eine der größten Kliniken Deutschlands. Das Klinikum Braunschweig fungiert bereits jetzt als sogenannter Maximalversorger, der nahezu alle medizinischen Fachdisziplinen abdeckt. Der gesetzlich verankerte Versorgungsauftrag umfasst 1475 Planbetten. Nur die älteren Bürger der Stadt wissen, dass die Anfänge des Krankenhauses auf die Jahre des Zweiten Weltkriegs zurückgehen. Seitdem wurde an-, um- und dazugebaut, dennoch: Die zur Verfügung stehenden Flächen und die Infrastruktur sind nicht mehr zeitgemäß. Die Instandhaltung ist teuer und belastet das Budget, ohne dass grundsätzlicher Fortschritt möglich wäre. Als würde ein alter, längst spröder Gartenschlauch immer wieder geflickt. Friedrich Prem: „Durch die neue Zentralklinik wird das Klinikum Braunschweig in die Lage versetzt, sein umfängliches Leistungsangebot nicht nur beizubehalten, sondern auch in zukunftsorientierter Form auszubauen und seine Kapazitäten den jeweiligen Erfordernissen anzupassen.“
Komplex ist die Transformation vor allem, weil an einem bestehenden Krankenhausstandort in unmittelbarer Nähe zu Patientenzimmern, Untersuchungsräumen und OP-Sälen seit mehreren Jahren schon Neubauten entstehen. International nennen Fachleute ein derartiges Vorgehen „Brownfield Development on a Live Site“.
Bisher größtes Gebäude der Zentralklinik
Weil der Gebäudeteil Süd in einem Bereich mit Gefälle entsteht, wurden für die Baugrube 54 000 Kubikmeter Boden ausgehoben. Der neue Komplex wird über acht oberirdische Geschosse und zusätzlich über ein Technikgeschoss verfügen. Die Verbindung mit dem Gebäudeteil Ost erfolgt nicht nur durch die Eingangshalle, sondern auch durch zwei Brücken. Mit seinen knapp 44 000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche wird dieser Neubau eines der größten Gebäude auf dem jahrelangen Weg zur Zentralklinik. Seine Länge beträgt 86 Meter, die Tiefe 60 Meter. Das Ziel lautet, weitere Gebäude zu errichten, als nächster Schritt ist der Gebäudeteil Nord mit einem OP-Zentrum und zentraler Notaufnahme und ein Dienstleistungszentrum vorgesehen. Dann sollen der Gebäudeteil West sowie ein Bürozentrum entstehen. Die Planung sieht vor, die Gebäudeteile Ost, Süd, Nord und West zu einer Zentralklinik zu verbinden, durch eine Magistrale werden alle vier Gebäudeteile erschlossen. Doch die Gebäudeteile Nord und West sowie das Dienstleistungszentrum und das Bürozentrum existieren bisher nur auf dem Papier, ihre Finanzierung steht noch nicht fest. Friedrich Prem nennt eine mögliche Option, wie sich die Zentralklinik als Gesamtkonstrukt verwirklichen ließe: „Wenn Gelder aus dem von der Regierung beschlossenen Transformationsfonds an das Land fließen und der Aufsichtsrat des Klinikums einen weiteren Neubau beschließt, könnte man in dieser Sache an das Gesundheitsministerium in Hannover herantreten.“

So einladend und modern wird der neue Haupteingang aussehen: Die Halle stellt außerdem die Verbindung zwischen zwei Gebäuden dar.
Finanzierung ist an Auflagen geknüpft
Nun jedoch geht es erst einmal um das Gebäude Süd. Es bedeutet eine Gesamtinvestition von 330 Millionen Euro. Das Land Niedersachsen hat seine finanziellen Zusagen für die Gebäudeteile Ost und Süd an Bedingungen geknüpft: So sollen Zentren entstehen, in denen verwandte Fachrichtungen interdisziplinär zusammenarbeiten. So etwa ein Zentrum im Gebäude Süd, das Neurologie und Neurochirurgie an einem Ort abbildet. Zwar kooperieren die beiden klinischen Fachbereiche bereits jetzt schon, aber bisher sind sie getrennt voneinander untergebracht. Ein Herz-Lungen-Gefäßzentrum würde erstmals Kardiologie, Pneumologie, Herz-Thorax-Chirurgie, Gefäßchirurgie und Elektrophysiologie auch räumlich vereinen. Ein Umzug stünde auch für die Kinder- und Jugendmedizin an: Sie würde künftig das pädiatrische Zentrum mit Kinderchirurgie und Kinderurologie darstellen. Im Außenbereich sind erstmals Flächen geplant, auf denen farbenfrohe Spielgeräte stehen werden.
In den Etagen über den jeweiligen Zentren befinden sich Patientenzimmer, auch Wahlleistungsbereiche. Insgesamt 384 Betten bietet das Gebäude Süd – in ähnlich gut ausgestatteten Räumlichkeiten wie im Gebäudeteil Ost: Maximal zwei Betten in einem Raum, moderne Bäder und neues Mobiliar inklusive. Die Planung zielt auf Synergieeffekte ab: Fächerübergreifende Zentren, auch gemeinsame Stützpunkte auf jeder Etage für das Personal, „bieten Spielraum für Effizienzgewinne“, so Friedrich Prem, „allerdings muss solch eine Betriebsstruktur auch gelebt werden. Wenn die Tätigkeiten weiterhin so aufgeteilt werden wie bisher, dann ändert sich nichts.“ Schon im Gebäudeteil Ost hat man wesentliche Neuerungen eingeführt. Zum Beispiel wurde – statt mehrere Intensivstationen an verschiedenen Stellen des Klinikums vorzuhalten – eine ganze Etage mit 80 Betten zur intensivmedizinischen Versorgung etabliert.
Bis der Gebäudeteil Süd mit dem Gebäudeteil Ost eine Einheit bilden kann, wird noch Zeit vergehen. Nach Errichtung von Bodenplatte und Außenhülle geht es mit der technischen Gebäudeausstattung weiter. Es bleibt zu hoffen, dass kein Jahrhundertregen in Braunschweig die anstehenden Arbeiten beeinträchtigt, wie es 2023 beim Gebäudeteil Ost der Fall war. Wenn alles glattgeht, könnte die Inbetriebnahme des Gebäudeteils Süd 2030 stattfinden.

Friedrich Prem
Geschäftsbereichsleiter Change Management und Facility Management

Beim Abbruch des großen, alten Bettenhauses blieben 10 000 Tonnen Ziegelschutt und 8000 Tonnen Betonabbruch über. Sie wurden fachgerecht entsorgt.
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