Erkrankung der Hornhaut
Wir erleben die Welt, indem wir sie sehen. Damit dies auch weiterhin möglich ist, hat sich Karin Behrens am Klinikum Braunschweig einem Eingriff am Auge unterzogen, der Millimeterarbeit erforderte.
Text: Prem Lata Gupta
Fotos: Nick Neufeld

Karin Behrens ist glücklich, sich zu Hause in ihrem gewohnten Umfeld erholen zu können.
Wie froh die 76-Jährige ist, wieder bei sich zu Hause in Halberstadt zu sein. Noch vor wenigen Tagen lag sie auf einer Station des Klinikums Braunschweig, eine Mullkompresse auf dem linken Auge. Knapp 80 Kilometer entfernt von ihrem Heimatort – einfach weil Operationen, wie sie bei ihr nötig sind, nicht an jedem Krankenhaus angeboten werden. Karin Behrens leidet unter einer Erkrankung der Hornhaut an beiden Augen. Festgestellt wurde dies eher zufällig.
„Ich habe meinen Ehemann ins Optikgeschäft begleitet, weil er eine neue Brille bekommen sollte.“ Vor Ort erzählte sie, dass sie besonders beim Fernsehschauen die Schriften auf dem Bildschirm nicht mehr gut lesen könne. Bei anschließenden Tests stellte sich heraus, dass sie gerade Linien als wellenförmig wahrnahm. In einer Augenarztpraxis erfuhr sie dann die Diagnose: Fuchs’sche Hornhautdystrophie nennt sich die fortschreitende Erkrankung, die zu Sehstörungen führt.

Günter Artur Behrens umsorgt seine Ehefrau Karin Behrens nach der Augenoperation.
Operation an einem Auge
Von dort erfolgte die Überweisung an die Augenklinik des Klinikums Braunschweig. Nach nochmaligen Untersuchungen stand fest, dass sie zunächst an einem Auge operiert werden sollte. Die moderne Medizin sieht vor, dass von den fünf Schichten der menschlichen Hornhaut nur der erkrankte Bereich behandelt und gegen gesundes Material ausgetauscht wird. Karin Behrens, bei der die innerste Schicht der Hornhaut – die sogenannte Descemet-Membran – betroffen war, sollte ein Transplantat erhalten. Das Spendermaterial ist hauchdünn, es hat eine Stärke von nur 0,015 Millimeter. Chefarzt Dr. Erik Chankiewitz erklärt den minimalinvasiven Eingriff bei Karin Behrens: „Zunächst wird das feine Häutchen von der Spenderhornhaut abgezogen und in einen Glasinjektor gespült. Dann wird auch an der Patientin dieses feine innere, aber erkrankte Häutchen entfernt.“ Im nächsten Schritt erfolgt die Injektion des Spenderhäutchens, es wird im Auge entrollt und ausgerichtet. Wenn die Lage passt, wird das Transplantat mit einer Luftblase fest an die Innenseite der Hornhaut gepresst. Der Spezialist: „Sobald die Zellen Kontakt haben, pumpen sie den feinen Wasserfilm dazwischen leer und das Häutchen verbindet sich mit der Hornhaut. Da dieser Prozess einige Tage dauern kann, muss die Patientin oder der Patient nach der OP zunächst überwiegend auf dem Rücken liegen.“
Karin Behrens führt ein aktives Leben
So konkret mochte sich Karin Behrens die OP kaum vorstellen: „Ausgerechnet das Auge. Das ist doch ein besonders empfindlicher Teil des Körpers!“ Und sie scherzt: „Eine Knieoperation wäre mir lieber gewesen.“ Aber Karin Behrens ist auch ein pragmatischer Mensch. Sie macht weiter, glaubt an das Positive: Jahrzehntelang hat sie in der ehemaligen DDR gelebt, hat gemeinsam mit ihrem Mann im Sozialismus ein Unternehmerdasein geführt. Er betrieb in vierter Generation eine Gaststätte, sie gleich nebenan ein Lebensmittelgeschäft, „wie einen Tante-Emma-Laden muss man sich das vorstellen“. Mit Geschick haben sie es geschafft, immer genügend Waren im Sortiment zu haben. Diese Aktivitäten sind längst Geschichte. Das Geschäft wurde direkt nach der Wende geschlossen, die Gaststätte vor neun Jahren. Das Paar ist in Rente – und doch gibt es ein zusätzliches Betätigungsfeld: „Wir vermieten eine Ferienwohnung.“
Karin Behrens mag ihr immer noch aktives Leben, „in einem großen Haus ist immer etwas zu tun“. Und sie ist auch nicht der Typ Mensch, der klagt. Als sich nach dem Eingriff bei einer fachärztlichen Kontrolle in Halberstadt herausstellte, dass sich ein Teil der implantierten Hornhautschicht gelöst hat – was ab und zu vorkommt –, musste sie abermals ins Klinikum Braunschweig. „Dass so etwas passieren kann, hat man mir beim Aufklärungsgespräch gesagt“, bestätigt sie. Es ist gut, dass es auch dafür eine Gegenmaßnahme gibt, sie nennt sich Re-Bubbling: „Um das Transplantat erneut an die vorderen Hornhautsegmente anzulegen, wird eine Blase aus Luft oder einem Gasgemisch in die Vorderkammer des Auges gegeben“, erläutert Dr. Erik Chankiewitz. Nach einer Studie der Universität Köln reicht dies in etwa 80 Prozent der Fälle aus, um ein gutes Ergebnis zu erzielen.
Es passt zu Karin Behrens, dass sie nach ihrer Entlassung direkt wieder im Alltag angekommen ist. Sie war ganz selbstverständlich mit ihrem Mann einkaufen, um übers Wochenende genügend Lebensmittel dazuhaben. Das Kochen hat sie bereits wieder übernommen. „Ansonsten muss ich es ruhig angehen lassen. Ich lege mich immer wieder mal hin.“ Auch das tut der Genesung gut. Und wenn alles geglückt ist, lässt sie sich in einigen Monaten das andere Auge operieren.

Dr. Erik Chankiewitz
Chefarzt der Augenklinik im Klinikum Braunschweig
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