Symptome und Therapie
Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung, COPD, zählt mittlerweile zu den Volkskrankheiten in den industrialisierten Ländern. Ihre Hauptursache ist das Rauchen. Der Chefarzt der Klinik für Pneumologie und Beatmungsmedizin im Klinikum Braunschweig klärt auf.
Autorin: Sabrina Mandel
Die COPD ist eine chronisch fortschreitende Erkrankung, deren Voranschreiten letztendlich nur durch eine Tabakentwöhnung zu stoppen ist“, weiß Chefarzt PD Dr. Thomas Bitter, der täglich Aufklärungsarbeit bei Betroffenen leistet, die mit starker Luftnot bei ihm auf Station vorstellig werden. Luftnot ist das Hauptsymptom der COPD.
„Es ist tatsächlich so, dass die Lungenkrankheit COPD hauptsächlich nikotinassoziiert ist“, erklärt der Chefarzt. „Sehr selten haben wir Fälle von Betroffenen mit verzögerter Lungenentwicklung im Kindesalter, häufigen Infektionen oder hoher Feinstaubbelastung. Bei mehr als 90 Prozent unserer Patientinnen und Patienten ist die COPD-Ursache das Rauchen.“ Neben der Luftnot zeige sich die Erkrankung durch Husten mit Auswurf, später auch mit Belastungseinschränkung. Durch eine sich chronisch entwickelnde Verengung der Atemwege werde vor allem das Ausatmen erschwert. COPD-Symptome treten weder tages- noch jahreszeitenabhängig auf. Es gebe keine Phasen, man sei praktisch nie beschwerdefrei. „Je mehr Belastung, desto mehr Beschwerden“, unterstreicht PD Dr. Bitter.
Einteilung der COPD nach Schweregrad
Bis ins Jahr 2011 richtete sich die Behandlung einer COPD klassischerweise nach der Einteilung in vier Stadien, die insbesondere die Lungenfunktion bewerteten. Gemessen wurde dabei das Volumen, das innerhalb einer Sekunde ausgeatmet werden kann, die sogenannte Einsekundenkapazität. „Es gibt diese Einteilung 1 bis 4 immer noch. Aber was bis dahin nicht mit betrachtet wurde und dringend mitaufgenommen werden musste, waren zwei weitere sehr wichtige
Faktoren, nämlich: Wie symptomatisch der Patient eigentlich ist und die Exazerbation“, erklärt der Experte. Als Exazerbation wird eine plötzliche akute Verschlechterung des Krankheitsbildes bezeichnet, die sich meist in lebensbedrohlicher Atemnot zeigt und im stationären Aufenthalt münden kann.
„Man hat die COPD-Stadien also mittlerweile angepasst und wir unterscheiden heute auch klar danach, wie häufig Betroffene exazerbieren und unterteilen nach sogenannten CAT-Scores, einem speziellen Fragebogen, wie symptomatisch jemand ist. Wenn jemand zweimal in einem Jahr ins Krankenhaus eingewiesen werden musste, hat er den höchsten Schweregrad, ganz gleich, wie hoch die Lungenfunktion ist.“ Als Standardtherapie greife man heute auf bronchienerweiternde Medikamente oder inhalatives Kortison zurück. In Phasen der akuten Exazerbation sei auch die Einnahme von Kortison in Tablettenform möglich, allerdings wegen der starken Nebenwirkungen maximal für eine Dauer von fünf Tagen. Je nach Schweregrad gebe es auch die Möglichkeit einer Sauerstofflangzeittherapie per Nasenbrille, die häufig dann zum Einsatz komme, wenn der Sauerstofftransport aus der Luft ins Blut gestört sei. In schweren Fällen würden endoskopische Lungenvolumenreduktionen per Bronchoskopie durchgeführt. Diese Verfahren unterstützen das Ausatmen.
PD Dr. Thomas Bitter
Chefarzt der Klinik für Pneumologie und Beatmungsmedizin
bis
Prozent der in Deutschland lebenden Menschen leiden an COPD, Tendenz steigend.
In Bewegung bleiben
Der Chefarzt lernt seine Patientinnen und Patienten häufig kennen, wenn sie wegen einer Exazerbation über die Notaufnahme zu ihm auf Station kommen. „Luftnot ist etwas, was die Betroffenen in den akuten Phasen massiv beeinträchtigt. Das ist schon ein Grund, ins Krankenhaus zu gehen, ein sehr unangenehmes Gefühl und extrem belastend.“
Und es gehe noch weiter, denn zwischen Herz und Lunge bestehe eine starke Verbindung: „Dieselben Risikofaktoren schädigen sowohl das Herz als auch die Lunge. Auch hier leider wieder: Stichwort Rauchen. Die COPD ist eine chronische Bronchialentzündung und damit eine chronische Entzündung im Körper, und die ist auch gefährlich für das Herz. Das kann arteriosklerotische Prozesse fördern, also krankhafte Veränderungen oder Ablagerungen in den Blutgefäßen. Ich empfehle meinen Patientinnen und Patienten deshalb immer, sich körperlich zu betätigen“, so PD Dr. Bitter.
„Denn wer unter Luftnot leidet, bewegt sich weniger. Dadurch wird die Muskulatur schwächer – also sowohl die Körper- als auch die Atemmuskulatur. Das ist ein Teufelskreis.“ Neben dem Rauchstopp sei deshalb schon ein wenig mehr Bewegung im Alltag ein erster Schritt in die richtige Richtung. „Ausdauersport ist gut. Öfter mal den Ruhepuls überschreiten, sei es auf kleinster Stufe auf dem Ergometer oder beim Lungensport in der Gruppe.“
Nikotin-Konsum im EU-Vergleich
Bulgarien
tägliche Raucher
gelegentliche Raucher
Ungarn
tägliche Raucher
gelegentliche Raucher
Deutschland
tägliche Raucher
gelegentliche Raucher
Portugal
tägliche Raucher
gelegentliche Raucher
Dänemark
tägliche Raucher
gelegentliche Raucher
Finnland
tägliche Raucher
gelegentliche Raucher
COPD-Schweregrade
Die Einteilung in einen COPD-Schweregrad erfolgt zweistufig. Basis sind die GOLD-Richtlinien (Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease), die eine Bewertung nach Lungenfunktion vornehmen:
- GOLD 1: mehr als 80 Prozent Lungenfunktion, Anfangsstadium
- GOLD 2: 50 bis 79 Prozent Lungenfunktion, mittelschwere COPD
- GOLD 3: 30 bis 50 Prozent Lungenfunktion, schwere COPD
- GOLD 4: weniger als 30 Prozent Lungenfunktion, sehr schwere COPD
Weitere Bewertung erfolgt nach Häufigkeit der Exazerbationen im Jahr und dem CAT-Score, der anhand des COPD-Assessment-Tests, eines standardisierten Testverfahrens, ermittelt wird:
- Risikogruppe A: CAT-Score unter 10 Punkte, maximal eine Exazerbation im Jahr
- Risikogruppe B: CAT-Score über 10 Punkte, maximal eine Exazerbation im Jahr
- Risikogruppe E: CAT-Score unerheblich, mindestens ein Krankenhausaufenthalt oder
mehr als zwei Exazerbationen im Jahr
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