Mutter mit Baby

Kolostrum

Superfood für Babys

Das Beste kommt zuerst: Die Frühmilch, das sogenannte Kolostrum, schützt Neugeborene vor Krankheiten und hilft beim Aufbau des Immunsystems.

Autorin: Susanna Bauch

Selbst kleinste Mengen der Frühmilch kommen Neugeborenen nachhaltig zugute. Auch Müttern, die nicht stillen, gelingt es unter Anleitung, diese wertvolle Flüssigkeit aus der Brust zu streichen.

Die erste Muttermilch, das sogenannte Kolostrum, ist für jedes Baby wichtig – egal, ob es gestillt wird oder nicht. Denn die erste Neugeborenenmilch hilft, das anfangs noch unreife Immunsystem des Kindes aufzubauen. „Kolostrum ist daher mit seiner hohen Nähr- und Immunstoffkonzentration für Babys echtes Superfood und flüssiges Gold“, betont Karin Oppe, Leitende Hebamme am Klinikum Braunschweig. „Jeder Tropfen zählt und ist wertvoll.“

Das Kolostrum übertreffe alle industriellen Präparate. Verglichen mit der Folgemilch enthält es etwa doppelt so viel Proteine, die das Immunsystem stärken, dazu einen viermal höheren Zinkgehalt für die bessere Abwehr: Aus diesem Grund sollte möglichst jeder Säugling Kolostrum erhalten, ergänzen die Still- und Laktationsberaterinnen Anke Belle und Sarah Heiser, die außerdem als Pflegefachkräfte innerhalb der Neonatologie am Klinikum tätig sind. „Es ist wie eine erste Impfung.“ Kolostrum stärke den Aufbau des kindlichen Immunsystems und die Darmfunktion, schütze das Baby vor Gelbsucht und unterstütze seine gesunde Entwicklung, so die Expertinnen.

Verantwortlich sind zahlreiche Nährstoffe und bioaktive Substanzen. „Dazu zählen beispielsweise Immunglobuline, die von der Frau in die erste Muttermilch übergehen. Sie schützen das Neugeborene vor Krankheiten, die die Mutter bereits durchgemacht hat“, sagt Oppe.

Dr. Semmler

Dr. Inga Semmler, Oberärztin in der Neonatologie, weiß um die wichtige Schutzwirkung des Kolostrums.

Kolostrum unterstützt Immunsystem des Babys

Die Zusammensetzung des Kolostrums könne sich je nach geografischer Lage und den dort auftretenden Krankheiten unterscheiden. „Es gibt ja unterschiedliche Erreger weltweit.“ Zudem „schwankt die Zusammensetzung stark und ist abhängig von Tageszeit, Außentemperatur oder Befindlichkeit der Mutter – dies gilt für alle Mütter auf dem Erdball“, betont Dr. Inga Semmler, Oberärztin in der Neonatologie und in der Pädiatrischen Intensivmedizin am Klinikum. Kolostrum ist die erste Milch – nicht nur beim Menschen, sondern bei allen Säugetieren. „Es enthält neben Eiweiß, Fett und Zucker auch Humane Milch-Oligosaccharide (HMOs) und Immunglobuline, die das kindliche Immunsystem unterstützen“, erläutert sie. Vor allem für einen stabilen Blutzuckerspiegel und für den Darm des Kindes sei das Kolostrum essenziell. Mehr als 200 komplexe Kohlenhydrate fördern die natürliche Entwicklung des Darmmikrobioms. Sie sorgen dafür, dass sich wichtige Bifidobakterien im Verdauungsorgan des Babys ansiedeln – ein guter Schutz vor Bauchweh und Durchfall.

Kolostrum für Frühgeborene besonders wichtig

„Kolostrum ist zudem reich an Vitaminen und Mineralstoffen, die entscheidend für die Entwicklung von Gehirn, Sehkraft und Herz sowie für den Knochenaufbau sind“, ergänzt Karin Oppe. Aufgrund der hohen Nähr- und Immunstoffkonzentration reichen etwa fünf bis sieben Milliliter Kolostrum je Stillmahlzeit in den ersten Tagen nach der Geburt dafür aus. „Kleine Mengen können einfach von Hand gewonnen werden, mit einer speziellen Brustmassage kann das stimuliert werden“, sagt Anke Belle. Auch Babys, die nicht gestillt werden, profitieren so von den besonderen Inhaltsstoffen der Frühmilch. Bereits während der Schwangerschaft wird Kolostrum gebildet und ist daher unmittelbar nach der Geburt verfügbar – auch bei Frühgeburten. „Mütter von Frühgeborenen haben in ihrer Milch bis zu zwei Wochen länger Kolostrumanteile als Mütter von reif geborenen Kindern. Somit können die Kleinsten von der besseren Verträglichkeit und dem zusätzlichen Immunbooster profitieren“, sagt Dr. Inga Semmler.

Ab dem fünften Tag nach der Geburt verändert sich in der Regel die Zusammensetzung der Muttermilch. Es bildet sich zunächst eine Übergangsmilch, die innerhalb von zwei Wochen nach der Geburt zur reifen Muttermilch wird. „Sie ist dünnflüssiger als Kolostrum, liefert mehr Fett und Laktose und immer noch jede Menge Nähr- und Immunstoffe“, erläutern die Stillberaterinnen. Alles zur richtigen Zeit.

Frau Oppe

Karin Oppe

Leitende Hebamme am Klinikum Braunschweig

Was Muttermilch so wertvoll macht

Muttermilch enthält alle wichtigen Nährstoffe wie Eiweiße, Fette, Kohlenhydrate, Mineralstoffe, Spurenelemente und Vitamine. Sie ist leicht verdaulich und passt sich den Nahrungsbedürfnissen des Säuglings während seiner Entwicklung an. Sie enthält besondere Abwehr- und Schutzstoffe, ist zu jeder Zeit und an jedem Ort hygienisch einwandfrei verfügbar und hat immer die richtige Temperatur.

Laut einer Studie des Bundesministeriums für Ernährung von 2023 birgt das Nichtstillen gesundheitliche Risiken für die Mutter: Brust- und Eierstockkrebs treten häufiger auf, ebenso Diabetes Typ 2. Nicht gestillte Kinder wiederum leiden häufiger an Magen-Darm-Infekten und Mittelohrentzündungen. Außerdem besteht ein erhöhtes Risiko für plötzlichen Kindstod und Adipositas. Die Stillbereitschaft in Deutschland geht derzeit zurück. Rund 85 bis 90 Prozent der Mütter verlassen die Geburtsklinik stillend. In den Folgemonaten sinkt die Zahl: Nach zwei Monaten sind es noch etwa 57 Prozent, nach vier Monaten, der empfohlenen Mindeststilldauer für ausschließliches Stillen, nur noch 40 Prozent.

Zahlen zu stillenden Müttern

Stillende Mutter
0%
der werdenden Mütter beabsichtigen ihr Kind zu stillen
Stillende Mutter
0%
sind es nach zwei Monaten
Stillende Mutter
0%
der Mütter stillen ihr Kind nach der Geburt ausschließlich
Stillende Mutter
0%
nach 4 Monaten (der empfohlenen Mindeststilldauer für ausschließliches Stillen)

Quelle: KiGGS Welle 2 aus dem Jahr 2018, KiGGS = Studie zu Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland

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