Franco Petrachi nimmt die regelmäßigen Kontrolluntersuchungen vor.
Spezielle Unterstützung für Menschen mit Kunstherz
Wenn sich die Pumpleistung dramatisch verschlechtert und kein Transplantationsorgan zur Verfügung steht, kann ein Kunstherz, also ein Herzunterstützungssystem, der lebensrettende Ausweg sein. Betreut werden diese Patientinnen und Patienten von VAD-Koordinatoren und -Koordinatorinnen.
Autorin: Prem Lata Gupta
Heute stellt sich eine Patientin vor, die derzeit zweimal wöchentlich ins Klinikum kommt. Das ist häufiger, als es sonst bei Kunstherz-Implantierten nötig ist. „Aber sie hat eine Infektion an der Stelle, an der das Stromkabel aus ihrem Körper herausschaut“, erklärt Franco Petrachi. Er ist VAD-Koordinator, die Großbuchstaben stehen für Ventricular Assist Device: Solch ein Kreislaufunterstützungssystem hilft dem geschwächten Herz bei seiner Aufgabe, Blut durch den Körper zu pumpen. Am häufigsten wird übrigens ein LVAD eingebaut, also ein System für die linke Herzkammer. Die Pumpe ist über einen Schlauch mit der Hauptschlagader verbunden. Der Antrieb erfolgt von außen durch einen Batteriesatz, den die Patientin oder der Patient in einer Tasche immer am Körper trägt, genauso wie einen Controller, der das Kunstherz steuert.
„Am Klinikum Braunschweig werden Kunstherzen implantiert, aber die drei Kolleginnen und ich aus der VAD-Koordination betreuen auch Operierte, die an anderen Krankenhäusern mit dem System versorgt wurden“, erläutert Franco Petrachi. Er und die anderen Teammitglieder klären über die Operation und die damit verbundenen Konsequenzen auf – dass man fortan auf eine gesicherte Stromversorgung angewiesen ist, dass Operierte ein Leben lang gerinnungshemmende Medikamente nehmen müssen und dass die Wundversorgung sehr sorgfältig geschehen muss. Petrachis Kollegin Senka Karamatic betont: „Ein Kunstherz erfordert viel Disziplin.“ Immer ist jemand aus dem Team auch während der Operation dabei. Zu den weiteren Aufgaben zählt, die Patientin oder den Patienten sowie Angehörige nach der Implantation in der Wundversorgung zu schulen. Vor allem sieht man sich zu Kontrolluntersuchungen regelmäßig wieder.
Diese Tasche ist der ständige Begleiter von Menschen mit Kunstherz: Darin befinden sich zwei Akkusätze und der Controller.
Vorteile eines Herzunterstützungssystems
Die Patientengeschichten unterscheiden sich stark voneinander: Da ist die Frau, die fünf Jahre mit einem Kunstherz überbrücken konnte, bis sie endlich ein Spenderorgan transplantiert bekam. Ein Mann fährt mit seinem Kunstherz weiterhin Motorrad und werkelt im Garten. Es gibt allerdings Zugangskriterien für ein derartiges Unterstützungssystem (siehe Infokasten) und auch die Patientin oder der Patient muss hinter der Entscheidung stehen. Zwar sind selbst Sport und Urlaube mit einem Kunstherz möglich. Aber Fluggesellschaften verlangen eine Bescheinigung darüber. „Diese Dokumente stellen wir dann aus“, sagt Senka Karamatic. Ihr Kollege ergänzt: „Bei der Sicherheitskontrolle kann natürlich nicht die Tasche mit den Batterien abgelegt werden, um sie wie anderes Handgepäck durchleuchten zu lassen.“
Neben allen technischen Aspekten „geht es bei unserer Arbeit auch viel um Psychologie“, so Franco Petrachi. Um Unsicherheiten, um mögliche Zwischenfälle. Er und seine Kolleginnen wechseln sich ab, damit ein Bereitschaftsdienst rund um die Uhr gewährleistet ist. Weil ein Signalton ankündigte, dass die Batterie des Controllers nicht mehr lange hält, ist Petrachi auch schon mal nachts ins Klinikum gekommen, um diese auszuwechseln.
Wer in der VAD-Koordination tätig ist, kommt aus der Pflege, hat eine Fachweiterbildung in Intensiv- und Anästhesiepflege und wurde erfolgreich in der Handhabung des Systems geschult. Allen aus dem Team gefällt die ganzheitliche Betreuung der Operierten, der Kontakt ist so eng, sagen sie, „als hätte man die Patientinnen und Patienten adoptiert“.
Batterie
Batterie
Austrittsstelle des Steuerkabels
Steuereinheit
Das vierköpfige Team der VAD-Koordination: Franco Petrachi, Claudia Richter, Karina Klähr und Senka Karamatic (von links) wechseln sich bei der Rufbereitschaft ab.
Kriterien für ein LVAD
Wann kommen Erkrankte für ein LVAD, ein mechanisches Kreislaufunterstützungssytem in der linken Herzkammer, infrage?
- Die Herzschwäche besteht bei leichter Belastung (NYHA*-Klasse III) oder im Ruhezustand (NYHA*-Klasse IV).
- Die Herzkammer transportiert weniger als 30 Prozent des Blutvolumens.
- Es gab drei oder mehr Krankenhausaufenthalte in den vergangenen zwölf Monaten.
- Eine Klappenerkrankung oder koronare Herzerkrankung ist nicht operabel.
- Andere Organe wie Nieren oder Leber sollten noch nicht geschädigt sein.
- Ein stabiles soziales Umfeld liegt vor.
- Es gibt keine kognitiven Einschränkungen.
* NYHA = New York Heart Association
Informative Links
Sie wünschen sich mehr Infos über unsere Klinik für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie? Wir haben nützliche Links für Sie.
- Herzinsuffizienztherapie: Diese chirurgischen Eingriffe bieten wir Ihnen.
- Herzchirurgische Ambulanz: Sprechstunde
- Deutsche Herzstiftung: Leben mit einem Kunstherz
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