Neue Chance auf ein Baby
Wenn Männer sich sterilisieren lassen, nennt man dies Vasektomie. Manche Patienten aber wollen ihre Entscheidung wieder rückgängig machen. Das ist möglich durch einen mikrochirurgischen Eingriff, die Vasovasostomie: Urologe Modar Alghrir beschreibt Details.
Interview: Prem Lata Gupta
Vielleicht erst einmal vorab: Warum wünschen sich Männer eine Vasektomie?
Bei abgeschlossener Familienplanung ist die Vasektomie eine sehr sichere, einfache und wirksame Verhütungsmethode. Paare müssen langfristig nicht mehr mit Kondom, Pille oder Spirale verhüten. Bundesweit wird der Eingriff etwa 50 000-mal jährlich durchgeführt.
Was hat sich geändert, wenn ein Mann die Vasektomie rückgängig machen will?
Meistens hat es mit einer neuen Partnerschaft zu tun, die neue Frau und jetzt auch wieder der Mann wünschen sich ein gemeinsames Kind. In seltenen Fällen ist ein Kind gestorben und das Paar wünscht sich deshalb noch einmal Nachwuchs. Oder die finanziellen Verhältnisse haben sich verbessert, man kann sich eine vergrößerte Familie leisten.
Was bedeutet die Vasovasostomie für die Partnerinnen?
Bei einem Kinderwunsch nach Vasektomie sollte der Patient sich – am besten gemeinsam mit seiner Partnerin – untersuchen und beraten lassen, um die Erfolgsaussichten für eine Schwangerschaft nach der Refertilisierung realistisch einschätzen zu können. Dabei spielt beispielsweise eine Rolle, wie viele Jahre seit der Vasektomie bereits vergangen sind oder ob es früher einmal Hinweise auf eine Fruchtbarkeitsstörung gegeben hat. Auch das Alter der Partnerin spielt eine Rolle. War sie schon einmal schwanger, und wie sehen aus gynäkologischer Sicht die Chancen für eine (weitere) Schwangerschaft aus?
Zur Person
Modar Alghrir ist seit zehn Jahren am Klinikum Braunschweig tätig, seit 2020 praktiziert er als Facharzt in der Klinik für Urologie und Uroonkologie. Im Team von Prof. Dr. Peter Hammerer leitet der Funktionsoberarzt außerdem die andrologische Sprechstunde. Modar Alghrir beherrscht als Operateur bei Vasektomien das besonders schonende Verfahren ohne Skalpell. Einer seiner Arbeitsschwerpunkte ist die medikamentöse Tumortherapie in der Urologie.
Blase
Prostata
Samenleiter
Harnröhre
Nebenhode
Hode
Modar Alghrir
Funktionsoberarzt in der Klinik für Urologie und Uroonkologie
Wie sind denn die Erfolgschancen, eine Vasektomie rückgängig zu machen?
Die aktuellen Erfolgsquoten der Vasovasostomie oder Refertilisierung sind durch verbesserte mikrochirurgische Operationstechniken und bei erfahrenen Operierenden deutlich verbessert. Bei etwa 80 bis 95 Prozent der Männer sind nach dem Eingriff wieder Spermien in der Samenflüssigkeit nachweisbar.
Was passiert vor der Vasovasostomie?
Wir untersuchen die Hoden durch Tasten und per Ultraschall und überprüfen, wo sich die Enden der durchtrennten Samenleiter befinden. Wir machen Laboruntersuchungen, kontrollieren den Hormonstatus und den Urinstatus.
Warum ist dieser Eingriff komplizierter als eine Vasektomie?
Es ist wesentlich einfacher, etwas zu durchtrennen – wie bei der Vasektomie – als etwas wieder zusammenzufügen. Der Samenleiter hat einen Außendurchmesser von zwei bis drei Millimetern, der Innendurchmesser, durch den die Spermien wandern, liegt bei unter einem Millimeter. Die Fäden, die wir verwenden, sind so dünn wie ein feines Haar. Deshalb nutzen wir ein spezielles Mikroskop. Die Arbeit vollzieht sich in drei Schritten – weil unterschiedliche Gewebeschichten vernäht werden müssen. Wir operieren grundsätzlich beide Seiten.
Das hört sich aufwendig an?
Im Gegensatz zur Vasektomie, die etwa eine halbe Stunde dauert und die unter lokaler Betäubung erfolgt, braucht eine Vasovasostomie zwei bis drei Stunden. Dafür ist der Patient in Vollnarkose.
Wie lässt sich aus medizinischer Sicht beurteilen, ob der Eingriff geglückt ist?
Zwei Monate nach der Operation wird eine Spermienuntersuchung durchgeführt, um zu überprüfen, ob Samenfäden im Ejakulat wieder nachweisbar sind. Finden sich bei dieser Untersuchung lebende Spermien, sind damit die Voraussetzungen für eine Schwangerschaft aus der männlichen Sicht wieder hergestellt. Die Durchgängigkeitsrate liegt durch eine gute OP-Technik, die Nutzung eines Mikroskops und sehr dünner Fäden recht hoch. Mit einer Schwangerschaft nach Refertilisierung kann jedoch oft erst nach sechs bis zwölf Monaten gerechnet werden.
Erleben Sie denn auch Erfolgsstorys?
Ja, es freut uns natürlich sehr, wenn Paare durch unsere Unterstützung ein Baby bekommen. Wir bekommen von den Patienten das Ergebnis der Spermienuntersuchung und sehr oft ein Bild ihres Babys, das freut uns immer ganz besonders.
Wie hoch sind die Kosten, um eine Vasektomie rückgängig zu machen?
Sowohl die Vasektomie als auch die Vasovasostomie sind Wunscheingriffe, die Kosten werden nicht von der Krankenkasse übernommen. Die Sterilisation des Mannes durch eine mikrochirurgische Operation rückgängig zu machen kostet etwa 3200 Euro. Darin enthalten sind Beratung, Voruntersuchung, Anästhesie (Vollnarkose), Operation, stationärer Aufenthalt sowie Nachsorge. Eine Kinderwunschbehandlung mit künstlicher Befruchtung ist auf jeden Fall viel teurer.
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