Zwillingsgeburt

Doppeltes Glück

Am Klinikum Braunschweig wurden innerhalb einer Woche fünf Zwillingspärchen geboren – die meisten von ihnen auf ganz natürlichem Weg. puls hat glückliche Eltern und deren Kinder daheim besucht.

Autorin: Susanna Bauch

Rebecca und Angelo Savoia sind glücklich über die Geburt ihrer Zwillinge. Allerdings ist der Alltag mit zwei Babys manchmal ganz schön fordernd.

Zwilling Amelia mag sich gar nicht auf ihren Möhrenbrei konzentrieren. Es ist einfach zu viel los im Hause Savoia im Braunschweiger Zentrum. Und sie hätte gern die ungeteilte Aufmerksamkeit. Brüderchen Matteo scheint zu ahnen, wer hier Chefin im Ring ist – und hält sich zurück. Seine Milchflasche fordert er jedenfalls sehr verhalten ein, er ist nur ein bisschen quengelig.

Sechs Monate sind die Geschwister alt, Ende September kamen sie im Klinikum Braunschweig zur Welt. „Eigentlich sah alles nach einer spontanen Zwillingsgeburt aus“, erzählt Mutter Rebecca Savoia. Das hätte sie sich auch gewünscht. Doch die kleine Amelia hat dann doch zu quer in der Gebärmutter gelegen, ein Kaiserschnitt wurde nötig. Zwillinge – das bedeutet doppeltes Glück und doppelte Erschöpfung. „Sie sind schon herausfordernd“, sagt Vater Angelo Savoia, der den kleinen Matteo erst mal zum Wickeln mitnimmt. Aufregend sei es gewesen, seine Frau mit den Ungeborenen im OP verschwinden zu sehen, „aber ich wurde dazugerufen und schnell konnte ich meine Kinder dann sehen – und hören“, berichtet der Vater erleichtert.

Mehrlingsschwangerschaft verlief reibungslos

Angelo hat bereits einen Sohn: Cristiano ist 17, ein liebevoller großer Bruder, der mit den Kleinen oft schmust und sie füttert. Dass es diesmal zwei Kinder sein würden, damit hatten die Savoias gerechnet. „Wir haben uns sehnlichst Kinder gewünscht und sind dann in eine Kinderwunschklinik nach Hildesheim gefahren“, berichtet die 38-jährige Mutter. Schon beim ersten Versuch habe es geklappt, zwei Eizellen konnten eingesetzt werden. „Etwa in der siebten Woche wussten wir bereits, dass wir Zwillinge bekommen. Wir haben uns einfach nur riesig gefreut“, erzählen die Eltern.

Die Mehrlingsschwangerschaft von Rebecca Savoia ist gut verlaufen. „Die beiden Kinder wurden jeweils durch eine eigene Plazenta versorgt, das erspart oft Komplikationen.“ Rebecca Savoia hätte gern bis zum errechneten Termin gewartet. „Aber drei Wochen vorher wurde ich ins Klinikum einbestellt, um die Geburt einzuleiten – ein Standardprozedere bei Zwillingsgeburten.“

„Zwillingseltern sind in unserer Sprechstunde in der Regel früh angebunden, da es statistisch häufiger zu Komplikationen kommen kann“, sagt Karin Oppe, Leitende Hebamme am Klinikum. Zwischen der 32. und der 34. Woche werde oft mit der Geburtsplanung begonnen, denn Zwillingskinder würden oft etwas früher auf die Welt kommen. „Während der Geburt werden die Ungeborenen mit dem Herztonschreiber engmaschig überwacht. Dabei ist es aber eigentlich egal, ob es ein oder zwei Kinder sind.“ Allerdings ist bei Mehrlingen auch ein Mehraufwand an Personal nötig. „Das muss organisiert werden, wir brauchen ja alle doppelt – ärztliches Personal und Hebammen“, so Oppe.

Glückliche Momente: Die Eltern genießen die Zeit mit ihrem Zwillingspärchen.

Quelle: statista.com

Immer im Austausch: Hebamme Karin Oppe (links) und Ärztin Dr. Kerstin Hartmann.

Natürliche Mehrlingsgeburt oder Kaiserschnitt?

„Zwillingsschwangerschaften sind Risikoschwangerschaften und es bedarf einer engmaschigeren Vorsorge als bei Einlingen, besonders wenn die Zwillinge sich beispielsweise eine Plazenta teilen“, sagt Dr. Kerstin Hartmann, Oberärztin und Leitung des Bereichs Geburtshilfe am Klinikum Braunschweig. „Bei der Untersuchung im Klinikum beurteilen wir dann Lage, Gewicht und Wachstum und besprechen auch die Wünsche der Eltern zum Geburtsablauf. Wenn die medizinischen Voraussetzungen für eine vaginale Zwillingsgeburt stimmen und die Mutter dies nach Aufklärung wünscht, dann streben wir das an“, betont die Ärztin. Komplikationen könnten jederzeit während der Entbindung auftreten, auch noch nach der Geburt des ersten Zwillings – „dann kann ein Kaiserschnitt notwendig werden“.

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Zwillingspärchen sind 2023 am Klinikum Braunschweig zur Welt gekommen.

Cristiano (17) liebt es, sein Brüderchen Matteo im Arm zu halten.

Karin Oppe

Leitende Hebamme

70 Prozent der Zwillinge per Kaiserschnitt

Im vergangenen Jahr wurden 61 Zwillingspärchen – insgesamt sind es rund 2000 Babys pro Jahr – am Klinikum geboren, rund 55 Prozent waren nach Abschluss der 37. Schwangerschaftswoche reife Neugeborene. „35 Prozent kamen zwischen der 35. und der 37. Woche zur Welt, nur zehn Prozent vor der 34. Woche“, berichtet Dr. Hartmann. 70 Prozent der Zwillingspärchen kamen 2023 am Klinikum Braunschweig durch einen primär geplanten oder einen sogenannten sekundären Kaiserschnitt während der Geburt zur Welt. Die Rate an Zwillingsgeburten ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Dafür gibt es mehrere Gründe: Laut Statistischem Bundesamt werden Erstgebärende immer älter und mit zunehmendem Alter der Frau wird eine Zwillingsschwangerschaft wahrscheinlicher. Auch die steigende Zahl von Kinderwunschbehandlungen erhöht die Rate. Die Medizinerin und die Leitende Hebamme gehen davon aus, dass sehr vielen Zwillingsgeburten eine Kinderwunschtherapie vorausgegangen ist. Drillinge wurden zuletzt 2022 am Klinikum geboren.

Amelia und Matteo haben sich prächtig entwickelt. Zufrieden liegen sie auf ihrer Krabbeldecke. Amelia hat allerdings keine leichte Zeit hinter sich. Wegen einer angeborenen Lippenspalte musste sie bereits zweimal operiert werden. „Aber sie ist tapfer und aufgeweckt und man hat uns gesagt, dass sich das verwachse“, sagt Rebecca Savoia. Die Eltern haben alles doppelt gekauft, von der Babywippe über Kuscheltiere bis zum Kinderbettchen. „Ein neues Auto haben wir auch gebraucht“, sagt Angelo Savoia. Nun beginnt die Suche nach Tagesmutter oder Krippenplatz. Angelo Savoia arbeitet bei einem Netzbetreiber, seine Frau Rebecca ist Teamleiterin in einem Unternehmen für digitale Medien. „Ich möchte bald wieder arbeiten“, sagt sie. Dass Theorie und Praxis mitunter auseinandergehen, hat das Paar schon bei der Geburtsvorbereitung gelernt. „Wir haben den Kurs für Zwillingseltern online gemacht. Da konnten wir dann teilnehmen, wenn wir Zeit gefunden haben“, so Vater Angelo. Und auch aus Babykursen ist bislang noch nichts geworden. „Irgendwie kommt immer das Leben dazwischen.“

Zwillingspärchen Amelia (links) und Matteo sind gut drauf und neugierig auf dasselbe Spielzeug.

Mehrlingsgeburten nach Kinderwunschbehandlung

Wenn die Eizellen der Frau künstlich befruchtet werden, entstehen in der Regel mehrere Embryonen, bis zu drei dürfen in Deutschland implantiert werden. Nach einer solchen Behandlung kommt es überdurchschnittlich häufig zu Mehrlingsschwangerschaften. Laut Statistik der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung verteilen sich die fortbestehenden Schwangerschaften nach dem Einpflanzen von Embryonen auf etwa 80 Prozent Einlinge, 20 Prozent Zwillinge und weniger als ein Prozent Drillinge.

Während Zwillinge gute Aussichten auf eine gesunde Entwicklung haben, sind Drillinge in ihrer körperlichen und geistigen Entwicklung häufig gefährdet, da für sie das Risiko einer Frühgeburt besonders hoch ist. Schwangerschaften nach künstlicher Befruchtung werden besonders stark überwacht, denn die Rate der Fehlgeburten liegt höher.

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