Harringer und Anssar

Schonende Hilfe

So funktioniert Herzchirurgie 2.0

Mehr als eine Lösung: Die Fachleute aus der Herzchirurgie am Klinikum Braunschweig zeigen oft unterschiedliche Therapiemöglichkeiten auf. Beruhigend für Patientinnen und Patienten ist der gestiegene Anteil an schonenden Eingriffen.

Autorin: Prem Lata Gupta

Eingespieltes Team: Chefarzt PD Dr. Wolfgang Harringer (links) und Dr. Marcel Anssar, Leitender Oberarzt, diskutieren jeden vorliegenden Fall.

Ohne funktionierendes Herz kein Leben: Dieses Organ – jahrhundertelang auch mit dem Sitz der Seele assoziiert – pumpt das Blut durch den Körper, sorgt dadurch für ständige Versorgung mit Sauerstoff. Was aber, wenn der Motor nur noch eingeschränkt arbeitet und der oder dem Betroffenen eine Operation empfohlen wird, weil wichtige Gefäße sehr stark verengt sind oder eine Herzklappe gefährlich undicht oder eingeengt ist? Völlig verständlich, wenn da jemandem mulmig zumute ist.

Einerseits. Andererseits zeichnet sich die Herzchirurgie durch ständigen Fortschritt aus. Ihr Erfolg basiert auf unterschiedlichsten Faktoren. Da ist die hohe ärztliche Kompetenz: Die sehr gut ausgebildeten Fachleute innerhalb der Klinik für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie am Klinikum Braunschweig haben sich bewusst spezialisiert.

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Obere Hohlvene
Lungenvenen
Rechter Vorhof
Trikuspidalklappe
Pulmonalklappe
Rechte Herzkammer
Aorta
Lungenarterie
Linker Vorhof
Mitralklappe
Aortenklappe
Linke Herzkammer
Herzscheidewand

Minimalinvasive Eingriffe: Klinikum hat viel Erfahrung

Es gibt inzwischen eine Vielfalt von Techniken, vor allem den Trend zu kleinen Schnitten und kathetergestützten Klappeninterventionen – jeder Ansatz erfordert umfassendes Know-how. Chefarzt PD Dr. Wolfgang Harringer verweist auf die Erfahrung innerhalb seiner Abteilung: „Wir nehmen jährlich etwa 1200 Eingriffe am Herzen vor.“ Nicht zuletzt deshalb gehört der Einsatz der Herz-Lungen-Maschine – falls notwendig – am Klinikum Braunschweig zum Operationsalltag. Das Haus verfügt aber auch über einen hochmodernen Hybrid-OP, er ermöglicht Eingriffe unter ständiger Röntgenkontrolle in Echtzeit. Hier können Interventionen, also Operationen ohne größere Schnitte, katheterbasiert durchgeführt werden. Bei einer TAVI-OP etwa wird auf diese Weise eine verkalkte Aortenklappe ersetzt.

Ein anderes Verfahren ist die 3D-Videoskopie: Hierbei können Herzchirurginnen und -chirurgen das Operationsfeld mit einer Kamera durch eine sehr kleine Körperöffnung inzwischen in maximaler Tiefenschärfe erfassen – und auf diese Weise noch genauer arbeiten. Dies sind die sogenannten minimalinvasiven Operationen.

Immer mehr Wissen, hohe Fallzahlen, hochmoderne Ausstattung: Die Grenzen des Machbaren haben sich längst verschoben. „Während meiner Anfangszeit 1985 hat man bei 70-Jährigen keine Bypass-OP am Herzen vorgenommen. Heute ist das Durchschnittsalter bei diesem Eingriff um die 80 Jahre“, so PD Dr. Wolfgang Harringer. Die Ärzteschaft innerhalb der Herzchirurgie versteht sich als Teamplayer: Ihre interdisziplinäre Zusammenarbeit am Klinikum Braunschweig beinhaltet eine enge Abstimmung mit Kolleginnen und Kollegen aus Kardiologie, Pneumologie, Angiologie, Anästhesie und Neurologie.

Operation Herz minimalinvasiv

Moderne Herzchirurgie kommt inzwischen oft mit kleineren Schnitten aus. Das ist weniger belastend für Patientinnen und Patienten, als wenn der Brustkorb geöffnet werden muss. Die Operierten erholen sich nach minimalinvasiven Eingriffen außerdem schneller.

Herzchirurgie sucht langfristig beste Lösung für Erkrankte

Gemeinsam beraten sie über individuelle Behandlungsmöglichkeiten. „Es kommt auf den jeweiligen Befund an. Unsere Aufgabe besteht darin, für Patientinnen und Patienten langfristig die beste Lösung zu finden. Ziel ist bei Jüngeren, dass sie damit für die nächsten zehn, 15 oder auch 20 Jahre gut leben“, betont der Chefarzt. Bei älteren oder greisen Patientinnen und Patienten ist manchmal die Symptomfreiheit das Ziel der Therapie.

Der Dialog zwischen Ärzteschaft und Erkrankten hat sich ebenfalls verändert. „In der Regel bieten wir mehrere Methoden an“, erklärt Dr. Marcel Anssar, Leitender Oberarzt und Bereichsleiter der Herzchirurgie. Das ist möglich wegen der umfangreichen vorgelagerten Diagnostik.

Gerade die Vorstellung, der Brustkorb würde geöffnet, erscheint Patientinnen und Patienten häufig nicht angenehm. Eine Herangehensweise, die mit kleineren seitlichen Schnitten auskommt, hat auch aus medizinischer Sicht klare Vorteile. Operierte erholen sich schneller von dem Eingriff als von einer offenen OP. Mit der sogenannten Minithorakotomie – die Schnittlänge beträgt drei bis acht Zentimeter – lassen sich Herzklappen- und Bypass-Operationen durchführen. „Wir erreichen die gleiche Qualität, und auch die Infektionsgefahr ist geringer“, unterstreicht Dr. Marcel Anssar. Außerdem erleben Operierte die Zeit nach dem Eingriff als weniger schmerzhaft, sie fühlen sich den Alltagsanforderungen eher wieder gewachsen. Entsprechend engagiert in der Sache, aber auch bei der Erörterung der Therapiemöglichkeiten ist der Leitende Oberarzt.

Dr. Harringer

PD Dr. Wolfgang Harringer

Chefarzt der Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie

Dr. Anssar

Dr. Marcel Anssar

Leitender Oberarzt und Bereichsleiter der Herzchirurgie

Bypässe, Mitralklappe: Wenn der kleinere Eingriff gewünscht ist

So hat sich herausgestellt, dass ein kleiner Schnitt als Option psychologische Hürden beseitigt. Dazu führt er Beispiele aus der Praxis an. Etwa den Fall eines 86-Jährigen, bei dem alle drei Hauptäste der Herzkranzgefäße stark verengt waren. Eine offene Operation lehnte der Senior trotz ansonsten guter körperlicher Verfassung ab. Weil das Team um Dr. Marcel Anssar aber auch technisch anspruchsvolle Mehrfach-Bypass-Operationen ohne Eröffnung des Brustkorbs beherrscht, stimmte der Patient einem minimalinvasiven Eingriff am Herzen zu.

Eine gute Entscheidung, denn „eine ausschließlich konservative Therapie hätte das Risiko für einen Herzinfarkt erhöht“, so der Operateur – „ein Katheterverfahren war erfolglos geblieben." Daraufhin gelang es ihm, mit einem arteriellen Bypass und einem Venentransplantat als sogenanntem T-Graft gleich drei Bypässe zu schaffen. Voraussetzung war ein Zugang über die linke Brustwandseite. So ließ sich bei diesem Eingriff zwar die rechte Herzkranzarterie nicht erreichen, aber in einem zweiten Schritt hätte diese katheterbasiert mit einem Stent versorgt werden können. Der Patient erholte sich zügig und wurde zehn Tage später entlassen. Es geht ihm so gut, dass er auf einen weiteren Eingriff vorerst verzichten möchte.

Die reparierte Klappe funktioniert wie eine gesunde

Erfolgreich verlief auch die Behandlung einer wesentlich jüngeren Patientin. Die 31-jährige Frau war aus Hannover ans Klinikum Braunschweig überwiesen worden. Ihr Problem war eine hochgradig undichte Mitralklappe. Bei ihr machten sich bereits Belastungseinschränkungen bemerkbar, sie spürte Luftnot und hatte das Gefühl, ihr Herz rast. Was ihr ebenfalls angesichts des Klappenfehlers Sorgen bereitete, war ihr Kinderwunsch. „Eine Schwangerschaft wäre nicht möglich gewesen“, sagt Dr. Marcel Anssar. Da diese Patientin ebenfalls einen großen Eingriff vermeiden wollte, schlug er eine minimalinvasive OP vor. Mithilfe eines Rings und eines Goretex-Fadens als Sehnenersatz konnte die Dichtigkeit der Klappe wiederhergestellt werden. Dafür nutzte der Operateur 3D­Videoskopie. Dr. Anssar, der 80 Prozent der Mitralklappen minimalinvasiv operiert, konnte abermals zufrieden sein: „Das Ergebnis ist perfekt. Die reparierte Klappe funktioniert wie eine gesunde.“

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Operationen am Herzen finden jährlich am Klinikum Braunschweig statt.

Team der Herzchirurgie will Zuversicht schaffen

Dr. Marcel Anssar, Leitender Oberarzt, über die Vorteile eines intensiven Dialogs mit Patientinnen und Patienten.

Inwiefern hat sich der Dialog mit herzkranken Patientinnen und Patienten verändert?

Da es heute meist mehrere Therapiemöglichkeiten gibt, ist viel häufiger als noch vor zehn Jahren – bezogen auf den Einzelfall – die Abwägung von Vor- und Nachteilen der verschiedenen Verfahren nötig. Durch moderne Medien sind Patientinnen und Patienten zum Teil besser als früher informiert. Dies schafft eine bessere Kommunikationsbasis, um auf individuelle Voraussetzungen, aber auch Patientenwünsche einzugehen.

Worin besteht der Vorteil einer intensiven Kommunikation?

Die Operierenden lernen die persönlichen Bedürfnisse ihrer Patientinnen und Patienten besser kennen. Diese fassen mehr Vertrauen, weil sie kompetent beraten werden. Risiken können individuell abgewogen werden, Vertrauen kann aufgebaut werden. Das schafft Zuversicht und vermindert Ängste.

Was sagen Sie einer Patientin oder einem Patienten, wenn sie oder er sich vor einer Herz-OP fürchtet?

Die Angst vor einem großen Eingriff ist verständlich. Das behandelnde Team agiert allerdings hochprofessionell, alle wissen genau, was sie tun, und damit kann man das Risiko einer Herzoperation minimieren. Gerade bei Patientinnen und Patienten mit Beschwerden überwiegt nach der Operation die Linderung der Symptome schnell die Einschränkung durch die Operation – und eine postoperative Schmerztherapie ist sehr effektiv.

Informative Links

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  • Herzerkrankungen: Diese chirurgischen Eingriffe bieten wir Ihnen.
  • Sicher. Effizient. Schonend: So arbeitet die Thoraxchirurgie.

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