Kinderchirurgie und Kinderurologie in Braunschweig Ist eine OP wirklich nötig?

Als Maximalversorger verfügt das Klinikum Braunschweig auch über eine Abteilung für Kinderchirurgie und Kinderurologie: Hier vereint sich Fachwissen, das weit über Blinddarmentzündung und Hodenhochstand hinausgeht.

Autorin: Prem Lata Gupta

Foto: Nick Neufeld

Bringt viel Erfahrung mit: Dr. Andrea Schmedding, Leitende Abteilungsärztin der Kinderchirurgie und Kinderurologie.

Bringt viel Erfahrung mit: Dr. Andrea Schmedding, Leitende Abteilungsärztin der Kinderchirurgie und Kinderurologie.

Engagiert in Klinik und Wissenschaft

Dr. Andrea Schmedding stammt aus Nordrhein-Westfalen und studierte Medizin an den Universitäten Münster und Heidelberg. An letzterer Universität promovierte sie 1995 und studierte im Anschluss berufsbegleitend Informatik an der Fernuniversität Hagen. Ihre beruflichen Stationen führten von der Medizinischen Hochschule Hannover über das Universitätsklinikum Mannheim und das Klinikum Bremen-Mitte sowie das Bürgerhospital Frankfurt bis an das Universitätsklinikum Frankfurt, wo sie das Zentrum für Kinderurologie mitkonzipierte, aufbaute und die Leitung übernahm. Die Fachärztin ist seit 20 Jahren Mitglied im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie. Sie arbeitet zudem wissenschaftlich: Seit zehn Jahren entwickelt sie als Studienleitung das deutsche KinderRegister für angeborene Fehlbildungen (KiRaFe). Außerdem engagiert sich Dr. Andrea Schmedding in der Versorgungsforschung.

Die jüngsten Patientinnen und Patienten sind gerade geboren, manchmal viel zu früh, dann wiegen sie nur wenige Hundert Gramm. Aber auch Teenager fallen in den Verantwortungsbereich der Kinderchirurgie und Kinderurologie – denn die Zuständigkeit der Abteilung endet erst mit dem Erreichen der Volljährigkeit. Die Leitung liegt seit Mai dieses Jahres bei Dr. Andrea Schmedding: Sie ist Fachärztin für Kinderchirurgie sowie zusätzlich qualifiziert für spezielle Kinder- und Jugendurologie. Die Kinderchirurgie befasst sich unter anderem mit angeborenen Fehlbildungen. Diese können an etlichen Stellen des Körpers auftreten: unter anderem am Magen-Darm-Trakt, an Blase, Nieren, Zwerchfell. Dr. Andrea Schmedding berichtet: „Die Kinder kommen mit ganz besonderen Problemen zur Welt, oft ist nicht nur ein Organsystem betroffen, sondern mehrere. Fehlbildungen am Darm sind zum Beispiel häufig mit Fehlbildungen der Nieren kombiniert. Deshalb kennen sich Kinderchirurginnen und Kinderchirurgen in vielen Bereichen des Körpers aus.“

Pränataldiagnostik: Gespräche schon mit werdenden Eltern

Regelmäßig finden dank moderner Pränataldiagnostik ausführliche Gespräche mit werdenden Eltern statt – immer dann, wenn bei Voruntersuchungen festgestellt worden ist, dass eine Fehlbildung vorliegt. „Vieles kann inzwischen operiert werden. Wir erklären, was möglich ist, was auf die Eltern und natürlich das Kind zukommt.“ Viele Kinder können im Perinatalzentrum in Braunschweig behandelt und operiert werden. Bei den anderen nutzt das Team der Kinderchirurgie die nationalen und internationalen Kontakte für eine Empfehlung in ein besonderes Zentrum. Wenn die Kinder operiert werden müssen, arbeitet das Team mit feinen, speziell für sie entwickelten Instrumenten, bei minimalinvasiven Eingriffen sind diese oft nur drei Millimeter dick.

Foto: Nick Neufeld

Oberarzt Ahmad Alsweed (links), Assistenzarzt Darren Perez und Dr. Andrea Schmedding bei der Visite.

Viel Erfahrung und ein breites operatives Spektrum

Dr. Andrea Schmedding war zuletzt Leitende Ärztin der Kinderurologie und Oberärztin der Kinderchirurgie am Universitätsklinikum Frankfurt. Die Betriebsleitung des Klinikums Braunschweig ist froh, sie für ihre neue Position gewonnen zu haben. Dr. Thomas Bartkiewicz als Ärztlicher Direktor erklärt: „Dr. Schmedding ist sehr erfahren und hat ein breites operatives Spektrum, das neben der allgemeinen Kinderchirurgie unter anderem Neugeborenenchirurgie und die Kinderurologie umfasst. Ihre Abteilung hat auch für unsere neonatologische Versorgung als Level-1-Haus eine essenzielle Bedeutung.“

Die 53-Jährige selbst unterstreicht die Bandbreite an Kompetenzen in der Abteilung: Ihr eigenes Fachwissen wird ergänzt durch die ausgeprägte Expertise des Leitenden Oberarztes Ahmad Alsweed, der auf minimalinvasive Eingriffe spezialisiert ist. Seine Erfahrung reicht von Routineeingriffen bis hin zu komplexen Operationen zum Beispiel am Magen-Darm-Trakt und an den Nieren. „Nirgendwo hierzulande werden Leistenbrüche im Kindesalter so oft minimalinvasiv operiert wie am Klinikum Braunschweig“, sagt sie. Auch bei Verbrennungen und Verbrühungen „sind wir auf dem neuesten Stand“. Mit Dr. Esther Lau habe sich eine Oberärztin auf diese Art Notfälle und weitere plastische Eingriffe im Kindesalter spezialisiert.

Foto: Nick Neufeld

Ultraschall ermöglicht in vielen Fällen eine schnellere Diagnose als es früher oft üblich war.

Engagiert in Klinik und Wissenschaft

Dr. Andrea Schmedding stammt aus Nordrhein-Westfalen und studierte Medizin an den Universitäten Münster und Heidelberg. An letzterer Universität promovierte sie 1995 und studierte im Anschluss berufsbegleitend Informatik an der Fernuniversität Hagen. Ihre beruflichen Stationen führten von der Medizinischen Hochschule Hannover über das Universitätsklinikum Mannheim und das Klinikum Bremen-Mitte sowie das Bürgerhospital Frankfurt bis an das Universitätsklinikum Frankfurt, wo sie das Zentrum für Kinderurologie mitkonzipierte, aufbaute und die Leitung übernahm. Die Fachärztin ist seit 20 Jahren Mitglied im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie. Sie arbeitet zudem wissenschaftlich: Seit zehn Jahren entwickelt sie als Studienleitung das deutsche KinderRegister für angeborene Fehlbildungen (KiRaFe). Außerdem engagiert sich Dr. Andrea Schmedding in der Versorgungsforschung.

Foto: Nick Neufeld

Dr. Andrea Schmedding
Leitung der Abteilung für Kinderchirurgie und Kinderurologie

Manchmal ist eine konservative Behandlung der bessere Weg

Das Klinikum Braunschweig hat ein Einzugsgebiet, in dem 1,4 Millionen Menschen leben. In der Abteilung für Kinderchirurgie und Kinderurologie finden jährlich 800 Operationen statt. „Auch wenn wir uns mit ganzem Herzen der Chirurgie verschrieben haben, so lautet das Ziel, eine Operation – wenn möglich – zu vermeiden“, erläutert Dr. Andrea Schmedding. Das sei manchmal möglich bei Blinddarmentzündungen, wenn eine konservative Therapie ausreiche. „Auch bei Problemen an der Blase und Niere haben wir gelernt, Reparaturmechanismen der Natur zu nutzen oder durch ein spezielles Training der Blase Operationen zu vermeiden.“

Selbstverständlich behandelt das Team der Kinderchirurgie auch Notfälle. Eltern, deren kleines Kind unter unklaren Bauchbeschwerden leidet, kommen häufig ins Klinikum, so Dr. Schmeddings Erfahrung. Ebenfalls typisch sind junge männliche Patienten mit Hodenschmerzen. Handelt es sich um eine Entzündung, hilft eine Behandlung mit Medikamenten. Bei einer Verdrehung aber können Blutgefäße abgeschnürt werden. Dann ist ein rascher chirurgischer Eingriff unumgänglich.

Glücklicherweise können Kinder nach manchen chirurgischen Eingriffen noch am selben Tag entlassen werden, beispielsweise wenn eine Vorhautverengung beseitigt wird. Wenn Kinder schon etwas größer sind, ist dies auch nach der Operation von Leistenbrüchen möglich. Die durchschnittliche Verweildauer beträgt inzwischen nur zweieinhalb Tage. Wenn Mädchen und Jungen stationär verbleiben, sind sie in den Räumen des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin untergebracht, zuständig für Behandlung und Nachbeobachtung bleibt die Ärzteschaft der Kinderchirurgie und Kinderurologie, die dort jeden Tag eigene Visiten abhält.

Wenn ein Organ nicht funktioniert wie vorgesehen

Neben Notfällen und Fehlbildungen befasst sich die Abteilung mit Funktionsstörungen, die einen weiteren Schwerpunkt darstellen. Als Beispiel nennt Dr. Andrea Schmedding die neurogene Blase: Bedingt durch eine Nervenstörung versucht sie einerseits, sich zu entleeren, gleichzeitig zieht sich der Schließmuskel zusammen. Dies führt dazu, dass die Harnblase versucht, mit immer größerem Druck, den Schließmuskel zu überwin­den und den Urin zu entleeren. Durch den Druck können die Ventile in der Blase geschädigt werden und der Urin kann rückwärts zu den Nieren fließen. Daher muss der Druck in der Blase medikamentös gesenkt werden. Die Eltern werden angeleitet, ihrem Kind regelmäßig einen Katheter zu legen, so kann der Urin sicher abfließen. „Ab einem Alter von sechs Jahren sind Jungen und Mädchen oft selbst dazu imstande“, so die Kinderurologin.

Dr. Schmedding verweist darauf, dass ihre Abteilung mit Kolleginnen und Kollegen vor Ort interdisziplinär zusammenarbeitet. Täglich findet ein Austausch mit dem Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin statt. „Und wenn wir es mit einem Jugendlichen zu tun haben, der 120 Kilogramm wiegt, dann leihen wir uns schon einmal Instrumente bei der Klinik für Erwachsenenchirurgie aus.“

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Operationen finden jährlich in der Kinderchirurgie und Kinderurologie des Klinikums Braunschweig statt.
Grafik: puruan | iStockphoto.com
2023-11-20T18:13:05+01:00
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