Allgemein- und Viszeralchirurgie Kleine Schnitte

Schonendes Verfahren für immer mehr Patientinnen und Patienten: Am Klinikum Braunschweig operieren chirurgische Teams erfolgreich auch bösartige Tumoren in sogenannter Schlüssellochtechnik.

Autorin: Prem Lata Gupta

Foto: Nick Neufeld

Konzentrierter Blick auf den Bildschirm: Was das OP-Team dort sieht, ist das Operationsfeld im Inneren des Körpers.

Konzentrierter Blick auf den Bildschirm: Was das OP-Team dort sieht, ist das Operationsfeld im Inneren des Körpers.

Laparoskopie am Klinikum Braunschweig: Das sind die Vorteile der Schlüssellochtechnik

Patientinnen und Patienten profitieren in vielfältiger Hinsicht von laparoskopischen Operationen. Das sind die wichtigsten Vorteile:

  • Es wird weniger Gewebe verletzt.
  • Nach der OP gibt es weniger Schmerzen.
  • Eine schnellere Mobilisierung ist möglich.
  • Es gibt weniger Blutverluste.
  • Im Optimalfall ist die Narkose kürzer.
  • Bei Übergewichtigen besteht ein geringeres Risiko für Wundheilungsstörungen.
  • Es bilden sich weniger Narbenbrüche aus.
  • Die stationäre Verweildauer ist kürzer.
  • Operierte fühlen sich eher wieder fit für den Alltag.
  • OP-Ergebnis fällt ästhetisch besser aus.

Die Zeiten, als lediglich Gallenblasen oder Blinddarmfortsätze minimalinvasiv entfernt wurden, sind vorbei. Die Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie hat sich während der vergangenen zehn Jahre sehr gezielt Know-how angeeignet und verfügt über entsprechende Erfahrung. Dies setzt hohe Fallzahlen voraus – immerhin werden hier jährlich an die 4300 Patientinnen und Patienten behandelt. Und das unbedingte Bestreben, erkrankten Menschen neben konventionellen Methoden zusätzlich innovative Verfahren anzubieten. Auch solche, die üblicherweise an Universitätskliniken benutzt werden. Während der Laie von Schlüssellochtechnik spricht, benutzen Chefarzt Prof. Dr. Dr. h. c. Guido Schumacher und sein Stellvertreter Dr. Stefan Benjamin Reubke eher „laparoskopischer Eingriff“ als Fachausdruck. Im zertifizierten viszeralonkologischen Zentrum des Klinikums Braunschweig wird dieser Ansatz inzwischen sehr häufig praktiziert.

Beide skizzieren, wie sich diese Operationsmethode, die mit kleinen Schnitten auskommt, entwickelt hat und was heute machbar ist. Neben gutartigen Erkrankungen oder Fehlbildungen – beispielsweise Gallensteinleiden oder Leistenbrüche – werden inzwischen auch Krebserkrankungen des Magens, der Speiseröhre, der Leber, der Bauchspeicheldrüse und des Darms genauso wie solche der Nebennieren und der Milz minimalinvasiv behandelt. „Anfangs gab es Vorbehalte sogar in der Ärzteschaft, weil vermutet wurde, über kleine Schnitte könnte nicht radikal genug operiert werden. Dahinter steckte die Sorge, bei der Entfernung eines Karzinoms bösartig verändertes Gewebe nicht komplett entfernen oder etwas übersehen zu können“, erläutert Prof. Dr. Dr. h. c. Guido Schumacher. „Aber das ist zum Beispiel bei Darmkrebs durch Studien widerlegt, das Endergebnis ist bei entsprechender Expertise sogar besser.“

Foto: Nick Neufeld

Unverzichtbare Prozedur: Vor der OP wäscht sich Dr. Stefan Reubke gründlich Hände und Unterarme.

Laparoskopie: Operationsfeld in Vergrößerung

Wie das möglich ist? Dafür lohnt es sich zu verdeutlichen, wie in Schlüssellochtechnik überhaupt operiert wird: So schafft die Chirurgin oder der Chirurg mit einem medizinischen Instrument namens Trokar kurze Einschnitte, die nur 0,5 bis 1,2 Zentimeter messen, als Zugänge bis in die Bauchhöhle. Diese Zugänge werden durch schlanke Röhren offen gehalten, so lässt sich eine Kamera mit Vergrößerungsfunktion einführen, auch Fasszangen und feine Scheren werden so bis ins Körperinnere vorgebracht und von außen bedient. Um innen möglichst viel zu sehen und um sich Freiraum zu schaffen, wird das Innere der Körperhöhle mit CO₂ leicht aufgebläht. „Es ist ein ungiftiges Gas, das vom Körper absorbiert wird“, erklärt Dr. Reubke. Und er hat auch eine Erklärung, warum das Endergebnis bei Laparoskopie-Verfahren sogar besser ist: Weil das Operationsfeld hochauflösend auf große Bildschirme übertragen wird, „sehe ich bei dem Eingriff sogar mehr und besser als bei einer offenen Operation“. Das spielt eine immense Rolle, denn bei onkologischen Eingriffen müssen neben dem erkrankten Organ oder Organabschnitt zusätzlich Lymphknoten entfernt werden. Bei einem Dickdarmkarzinom beträgt die vorgeschriebene Anzahl zwölf, bei Magenkrebs sogar 25 zu entfernende Lymphknoten. Das Minimum bei Operationen in Schlüssellochtechnik beträgt drei Zugänge, bei größeren Eingriffen sind es vier bis fünf.

Aus chirurgischer Sicht – und auch im Sinne der Patientinnen und Patienten – sind mehrere kleine Einschnitte oft sehr viel günstiger als große offene Eingriffe. „Jeder Zentimeter zählt“, sagt Dr. Stefan Benjamin Reubke. Wie auch andere Fachleute für minimalinvasive Interventionen verweist er auf spürbare Vorteile: „Die Betroffenen sind schneller mobil, insbesondere für ältere Erkrankte ist es wichtig, schnell wieder aus dem Bett zu kommen. Wird in Schlüssellochtechnik operiert, können sie schon am zweiten Tag nach der OP umhergehen, nach einer offenen Operation braucht so mancher eine Woche, bis ihr oder ihm das wieder möglich ist.“

Das Argument, dass Laparoskopie-Eingriffe mehr Zeit beanspruchen würden, weist Dr. Reubke zurück. „Mit entsprechender Erfahrung dauert die Prozedur sogar kürzer.“ Das habe ganz praktische Gründe: Wenn wegen eines Magenkarzinoms das gesamte Organ entfernt werden muss, erfordert dies bei einer offenen Operation einen großen T-förmigen Schnitt. „Allein das zu nähen, dauert am Ende 45 Minuten.“ Der Spezialist praktiziert die neue Technik seit 2018, „für mich ist das Standard“.

Foto: Nick Neufeld

Jede anstehende OP wird vorab erörtert: Chefarzt Prof. Dr. Dr. h.c. Guido Schumacher (links) mit seinem Stellvertreter Dr. Stefan Benjamin Reubke und Assistenzärztin Chirin Khalaf.

Laparoskopie am Klinikum Braunschweig:
Das sind die Vorteile der Schlüssellochtechnik

Patientinnen und Patienten profitieren in vielfältiger Hinsicht von laparoskopischen Operationen. Das sind die wichtigsten Vorteile:

  • Es wird weniger Gewebe verletzt.
  • Nach der OP gibt es weniger Schmerzen.
  • Eine schnellere Mobilisierung ist möglich.
  • Es gibt weniger Blutverluste.
  • Im Optimalfall ist die Narkose kürzer.
  • Bei Übergewichtigen besteht ein geringeres Risiko für Wundheilungsstörungen.
  • Es bilden sich weniger Narbenbrüche aus.
  • Die stationäre Verweildauer ist kürzer.
  • Operierte fühlen sich eher wieder fit für den Alltag.
  • OP-Ergebnis fällt ästhetisch besser aus.
Foto: Nick Neufeld

Dr. Stefan Benjamin Reubke
Stellvertretender Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie

Dr. Stefan Benjamin Reubke
Stellvertretender Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie

Schlüssellochtechnik: Training auch am Bildschirm

Sowohl Dr. Reubke als auch Prof. Dr. Dr. h. c. Schumacher haben sich „zunächst mit kleineren Eingriffen“ an die OP-Technik herangetastet. Was die ausgebildeten Chirurgen erst nach jahrelanger Erfahrung mit offenen Operationen schrittweise wagten, ist in der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie für jüngere Kolleginnen und Kollegen inzwischen eine Selbstverständlichkeit. Dr. Stefan Benjamin Reubke: „Assistenzärztinnen und -ärzte hospitieren üblicherweise, sie werden regelrecht trainiert, mit dabei ist immer jemand mit Facharzt- oder Oberarztqualifikation.“ Sogar eine Software, mit der minimalinvasive Eingriffe virtuell trainiert werden können, steht am Klinikum Braunschweig zur Verfügung. Der Leitende Oberarzt unterstreicht, dass sich das Chirurgieteam aufteilt. Kaum jemand operiert in Schlüssellochtechnik sämtliche Organe. Das ist gut so, denn auf diese Weise bündelt sich Erfahrung. Zum anderen gibt es am Klinikum Braunschweig ein zertifiziertes Viszeralonkologisches Zentrum, das auf die Behandlung von Tumoren in Speiseröhre, Magen, Leber, Gallenblase mit Gallenwegen, Bauchspeicheldrüse und im Darm spezialisiert ist. „Die Zertifizierung bedingt, dass Operateurinnen und Operateure benannt sind, die eine vorgeschriebene Anzahl von definierten Eingriffen pro Jahr durchführen. Das erzeugt Qualität.“

Präzise Diagnostik als Voraussetzung für minimalinvasive Eingriffe

Das Alter spielt bei der Entscheidung, ob eine Laparoskopie vorgenommen werden soll, keine Rolle. Gerade bei älteren sogenannten multimorbiden Menschen, die also mehrere Begleiterkrankungen haben, könnte die körperlich weniger belastende Schlüssellochtechnik die günstigere Option sein. Aber es gibt auch Kontraindikationen, etwa wenn jemand schon mehrfach voroperiert worden ist. Oder wenn bereits Nachbargewebe vom Tumor infiltriert ist. Fest steht: Minimalinvasive onkologische Eingriffe erfordern aus diesen Gründen eine so präzise Diagnostik wie möglich. Angesichts der vorhandenen Expertise haben laparoskopische Operationen am Klinikum einen hohen Stellenwert gewonnen. Ihr Anteil etwa bei Operationen des Magenkarzinoms betrug im vergangenen Jahr 80 Prozent.

Grafik: -VICTOR- | iStockphoto.com
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Prozent der Krebskranken mit Magenkarzinom wurden 2022 am Klinikum Braunschweig minimalinvasiv operiert.
2023-12-18T11:08:54+01:00
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