Notfallsanitäter Klinikum bildet an Berufsfachschule aus
Mehr Einsätze erfordern auch mehr kompetentes Personal: Unter der Gesamtverantwortung des Klinikums Braunschweig absolvieren Notfallsanitäterinnen und -sanitäter ihre Ausbildung.
Autorin: Susanna Bauch
Schulbank drücken: Die Ausbildung hat einen umfangreichen theoretischen Teil.
Demografischer Wandel, steigende Einsatzzahlen, wachsende Unsicherheit der Patientinnen und Patienten. Dazu kommt der in den ländlichen Regionen ausgeprägte Ärztemangel, das alles stellt eine Herausforderung für die Rettungsdienste dar. Da sie immer öfter zu Hilfe gerufen werden, braucht es kompetentes Personal. Mit der Notfallsanitäterschule hat das Klinikum Braunschweig daher das eigene Spektrum um eine weitere Berufsfachschule erweitert und die Verantwortung angenommen, diesen Gesundheitsfachberuf mitzugestalten.
„In Kooperation mit den regionalen Rettungsdiensten wie DRK, Malteser, ASB, Johanniter und der Berufsfeuerwehr – bei denen die Auszubildenden angestellt sind – nehmen wir als Klinikum die Aufgabe als notfallmedizinischer Bildungspartner in der Region wahr“, sagt David Gräter, Leiter der Notfallsanitäterschule. Seit 2015 werden Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter am Klinikum Braunschweig ausgebildet. „Insgesamt haben bislang 71 Personen einen Berufsabschluss bei uns erreicht.“ Und die Nachfrage steigt. „Hatten wir in den ersten Jahren stets noch freie Plätze, ist die Nachfrage nun weitaus höher als das Angebot.“
Schulleiter David Gräter hat vor seinem Studium selbst eine Ausbildung zum Notfallsanitäter absolviert.
Notfallsanitäterausbildung: Verantwortung übernehmen
Die Menschen, die sich für die Ausbildung als Notfallsanitäterin oder Notfallsanitäter entscheiden, müssen einen mittleren Schulabschluss sowie eine gute physische und psychische Gesundheit mitbringen. „Überaus wichtig ist Resilienz – also die Fähigkeit, schwierige Lebenssituationen wie Krisen oder Katastrophen ohne dauerhafte Einschränkungen zu überstehen. Darüber hinaus Flexibilität und Empathie“, betont der Schulleiter, der selbst ausgebildeter Notfallsanitäter ist und Notfallpädagogik sowie Erwachsenenbildung studiert hat.
„Es ist ein anspruchsvoller Gesundheitsberuf, der viele Belastungen mit sich bringt“, so Gräter. Dazu gehören immer neue spannungsreiche Situationen und auch Schicksale, mit denen Mitarbeitende im Berufsalltag konfrontiert sind. „Der Schichtdienst, die Spontanität der Einsätze und die vielen kulturellen und sozialen Umfelder sind ebenfalls herausfordernd.“ Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter müssen zudem sicher auftreten, Entscheidungen treffen und Verantwortung übernehmen. Ziel der noch jungen Berufsausbildung sei es, dass die Erstbeurteilung von Notfallsituationen verbessert und Notfalltherapien frühzeitiger durchgeführt werden, um Gesundheitsschäden zu verringern.
Üben für den Ernstfall: In der Notfallsanitäterschule stehen dafür spezielle Puppen zur Verfügung.
Lernstationen für Notfallsanitäterinnen und -sanitäter auch im Klinikum
Die angehenden Notfallsanitäter lernen während ihrer Ausbildung an drei Lernorten – mindestens 1920 Stunden theoretischer und praktischer Unterricht in der Berufsfachschule, 1960 Stunden praktische Ausbildungsanteile in einer Rettungswache sowie 720 Stunden in Abteilungen des Klinikums. „Die Teilnehmenden erleben dabei die Arbeit auf der Intensivstation und in der Notaufnahme, lernen Pädiatrie, Anästhesie und Psychiatrie kennen und bauen ihre Fähig- und Fertigkeiten immer weiter aus“, erläutert Gräter.
Auch diese praktischen Erfahrungen sind eine wichtige Voraussetzung für die Einsätze bei oft verunsicherten und auch multimorbiden Patientinnen und Patienten. „Für den Rettungsdienst geht es zunächst darum: Besteht eine akute Gesundheitsgefährdung, wie ist diese abzuwenden und wie soll die weiterführende Behandlung aussehen?“, so Gräter weiter. Um die Situation für die Zukunft zu entschärfen, ist es nach Ansicht Gräters seitens der Politik wichtig zu klären, wie ambulante Versorgung besser organisiert werden kann. „Außerdem sind viele Betroffene und ihre Angehörigen zu unsicher, zu wenig aufgeklärt und ängstlich, weiterführende Verantwortung zu übernehmen. Medizinische, wohnortnahe Versorgungszentren könnten in vielen Fällen eine gute Lösung sein.“ Gräter plädiert auch für verpflichtende Erste-Hilfe-Kurse in vielen Bereichen, Ersthelfer-Apps sowie eine breite Ausstattung mit Defibrillatoren. „Auch wenn der Rettungsdienst unterwegs ist – qualifizierte Ersthilfe ersetzt er nicht.“