Divertikel können sich entzünden
Die Divertikulitis gilt als „Wohlstandskrankheit“: Eine schmerzhaft entzündete Darmausstülpung betrifft immer häufiger auch jüngere Menschen.
Autorin: Susanna Bauch
Ballaststoffe mindern das Risiko
Theoretisch sind Divertikel eine ungefährliche Volkskrankheit – in der Praxis kann das Auftreten der Aussackungen zuweilen riskant werden. Bluthochdruck, Nierenerkrankungen, Allergien und ein schwaches Immunsystem können Entzündungen der Divertikel begünstigen. Aber auch gewisse Medikamente stehen unter Verdacht: Kortisonpräparate etwa oder Entzündungshemmer wie Ibuprofen und Diclofenac.
Aber es lässt sich vorbeugen: Eine ausgewogene Ernährung sorgt dafür, dass der Stuhl nicht zu hart wird. Dies kann helfen, Menschen mit Divertikeln im Darm vor Beschwerden zu schützen – durch eine ballaststoffreiche, fleischarme Kost wird das Risiko für eine Divertikulitis nahezu halbiert.
Die Symptome sind meist spezifisch, sie treten im linken Unterbauch auf. „Die Schmerzen bei Divertikeln entstehen dort im sogenannten Sigma“, erläutert Prof. Dr. Max Reinshagen, Chefarzt der Klinik für Gastroenterologie & Diabetologie im Klinikum Braunschweig. Rund zwei Drittel der betroffenen Patientinnen und Patienten verspüren sie dort.
Divertikel sind Ausstülpungen der Darmschleimhaut, die sich dort bilden, wo die Darmmuskulatur schwächer ausgeprägt ist. Dort wölbt sich die Innenwand nach außen. So entstehen meist kleine ballonförmige Ausbuchtungen, in denen sich Stuhl ablagern kann. „Sie bilden sich meist im Sigma, einem etwa 20 bis 40 Zentimeter langen Abschnitt des Dickdarms“, erläutert Prof. Dr. Reinshagen.
Schmerzen bei Divertikulitis
Divertikel sind oft harmlos, können aber zu Beschwerden führen. „Sie weisen in der Regel auf eine Entzündung des Sigmas hin, ein Problem, das vorwiegend Ältere betrifft“, so der Chefarzt. Ungefähr 30 Prozent der 60-Jährigen haben Divertikel, bei über 85-Jährigen sind es etwa 65 Prozent. Entzünden sich die Ausstülpungen, spricht man von Divertikulitis. Dann treten plötzlich dumpfe Unterbauchschmerzen auf, begleitet von leichtem Fieber. Weitere Anzeichen können Verstopfung, Durchfall, Blähungen und Übelkeit, manchmal auch Krämpfe sein.
Bei Menschen mit einem geschwächten Immunsystem oder mit schweren Nierenerkrankungen kommt es häufiger zu Komplikationen. „Auch die längerfristige Einnahme bestimmter Medikamente wie Ibuprofen, Voltaren oder Aspirin erhöht das Risiko für Divertikulitis“, erklärt Prof. Dr. Reinshagen.
Divertikel im Darm sind mittlerweile weit verbreitet. Eine Entzündung kann nicht nur durch Medikamente, sondern auch durch ungesunde Ernährung oder Übergewicht begünstigt werden. „Beides nimmt leider auch bei jüngeren Menschen zu“, sagt der Chefarzt.
Koloskopie gibt Aufschluss
Festgestellt werden Divertikel oft bei einer Koloskopie im Rahmen der Vorsorge – meist noch, bevor sie Probleme bereiten. „Divertikel im Darm haben viele. Das Problem ist die Entzündung“, betont Prof. Dr. Reinshagen. Wenn nach einer Blutuntersuchung erhöhte Entzündungswerte im Labor festgestellt werden, wird der Unterbauch per Sonografie oder CT genauer untersucht. „Je nach Entzündungsschwere wird dann die akute Phase mit Antibiotika behandelt.“ Patientinnen und Patienten müssen stationär aufgenommen werden, wenn eine schwere Entzündung vorliegt. „Wenn sich immer wieder Divertikel entzünden, wird auch eine Operation in Betracht gezogen – allerdings nicht in der Akutphase“, sagt der Darmexperte. Als Notfall operiert werde lediglich, wenn sich Löcher im Darm bilden, dieser also perforiert. „Das passiert in der Regel nicht, Indikation für einen operativen Eingriff sind vielmehr häufige schmerzhafte Entzündungsschübe.“
Ballaststoffe mindern das Risiko
Theoretisch sind Divertikel eine ungefährliche Volkskrankheit – in der Praxis kann das Auftreten der Aussackungen zuweilen riskant werden. Bluthochdruck, Nierenerkrankungen, Allergien und ein schwaches Immunsystem können Entzündungen der Divertikel begünstigen. Aber auch gewisse Medikamente stehen unter Verdacht: Kortisonpräparate etwa oder Entzündungshemmer wie Ibuprofen und Diclofenac.
Aber es lässt sich vorbeugen: Eine ausgewogene Ernährung sorgt dafür, dass der Stuhl nicht zu hart wird. Dies kann helfen, Menschen mit Divertikeln im Darm vor Beschwerden zu schützen – durch eine ballaststoffreiche, fleischarme Kost wird das Risiko für eine Divertikulitis nahezu halbiert.
Mögliches Symptom: Divertikelblutung
Der Mediziner bezeichnet entzündete Divertikel auch als eine Art „Wohlstandskrankheit“. „Sie wird immer häufiger, mit Bewegung und ballaststoffreicher Diät kann Vorsorge getroffen werden.“ Neben dem Druck im Unterbauch gibt es weitere Warnsignale – entzündete Divertikel können auch bluten. „Frisches, also helles Blut im Stuhl gehört dann zur typischen Symptomatik.“ Ein Darmkrebsrisiko besteht nicht, da bösartige Tumoren aus Darmpolypen, nicht aus Divertikeln entstehen.
In den meisten Fällen lässt sich die Divertikulitis gut behandeln. „Wenn die Schübe immer schwerer werden und sich häufen, sollte das Sigma in einer beschwerdefreien Zeit entfernt werden“, so Prof. Dr. Reinshagen. Man komme ohne Sigma gut zurecht. „Bei Schmerzen gilt es, die Hausärztin oder den Hausarzt aufzusuchen – der entscheidet dann, ob die Betroffenen ambulant oder stationär behandelt werden.“
Prof. Dr. Max Reinshagen
Chefarzt der Klinik für Gastroenterologie & Diabetologie
Prof. Dr. Max Reinshagen
Chefarzt der Klinik für Gastroenterologie & Diabetologie