Erkrankung mit Folgen: Symptome und Behandlung von Long Covid
Was macht eine Covid-19-Erkrankung mit dem Körper? Für diese Fragestellung soll eine Ambulanz als Anlaufstelle und interdisziplinäres Zentrum am Klinikum Braunschweig entstehen. PD Dr. Thomas Bitter, Chefarzt der Pneumologie und Beatmungsmedizin, klärt im Interview über Long Covid auf.
Autorin: Susanna Bauch
Mehr als vier Millionen Bundesbürgerinnen und Bundesbürger haben eine Corona-Infektion durchgemacht – Tausende von ihnen konnten die Erkrankung nach dem Verschwinden der Viruslast nicht wirklich hinter sich lassen und leiden noch Monate später an Post-Covid-Symptomen. PD Dr. Thomas Bitter, Chefarzt der Pneumologie und Beatmungsmedizin, zum Thema Long Covid und der Betreuung von Patientinnen und Patienten mit diesen Spätfolgen.
Zur Person
Seit Juli 2020 ist der 43-jährige Facharzt für Innere Medizin, Pneumologie und Kardiologie, PD Dr. Thomas Bitter, Chefarzt im Klinikum Braunschweig. Der Ostwestfale studierte in Lübeck, nach Promotion und Habilitation war er Oberarzt und Bereichsleiter Pneumologie der Klinik für Kardiologie des Herz- und Diabeteszentrums der Ruhr-Universität Bochum.
Herr Dr. Bitter, wann leidet eine Patientin oder ein Patient unter Long Covid?
Symptome, die bis zu vier Wochen lang nach einer Infektion anhalten, werden als Long-Covid- oder auch postakute Folgen von Covid-19 bezeichnet. Zu den häufigsten Symptomen seitens der Lunge zählen Atemnot bei Belastung, eingeschränkte Belastbarkeit, muskuläre Schwäche und Müdigkeit. Um dies frühzeitig einschätzen zu können, testen wir bei unseren Patientinnen und Patienten mit einem schweren Krankheitsverlauf bei der Entlassung aus der Klinik generell die Lungenfunktion – und bestellen sie nach drei Monaten gegebenenfalls erneut ein.
Welche Patientinnen und Patienten sind vom Long- Covid-Syndrom betroffen?
Menschen, die auch nach Wochen noch eine stark eingeschränkte Lungenfunktion haben, sind während ihres Klinikaufenthaltes oft von einer schweren Covid-Lungenentzündung betroffen gewesen und häufig auf der Intensivstation behandelt worden – auch mit künstlicher Beatmung. Aber auch Patientinnen und Patienten mit weniger schwerem Verlauf können Langzeitprobleme entwickeln. Aktuell geht man davon aus, dass etwa 13 Prozent aller Erkrankten 28 Tage nach einer Infektion weiterhin an Symptomen leiden und etwa zwei Prozent sogar noch zwölf Wochen danach.
Wie sieht eine Nachuntersuchung aus?
Neben dem Lungenfunktionstest gibt es Blutgas- und Laboranalysen, Belastungstests sowie die Möglichkeit eines Röntgenbildes, um den Zustand der Lunge einzuordnen. Ziel ist immer zu schauen, ob eine objektivierbare Einschränkung der Lungenfunktion vorliegt.
Welche Therapien können dieser Personengruppe angeboten werden?
Anerkannte und in großen Studien geprüfte Therapiemöglichkeiten sind aktuell nicht verfügbar. Wir erarbeiten daher individuelle medikamentöse Heilversuche. Von anderen Lungenerkrankungen haben wir viele Erfahrungen mit Medikamenten und inhalativen Therapien, die das Immunsystem positiv beeinflussen, noch vorhandene Entzündungsprozesse stoppen oder eine fortschreitende Vernarbung der Lunge abmildern können. Aber natürlich sind wir als Pneumologinnen und Pneumologen nicht die einzigen Ansprechpartner für diese Betroffenen. Folgen wie Geschmacks- und Geruchsstörungen, Schlaf- und Appetitlosigkeit sowie chronische Müdigkeit betreffen auch andere Fachdisziplinen. Eine interdisziplinäre Sprechstunde, an der auch Neurologinnen und Neurologen, HNO-Ärztinnen und -Ärzte sowie Psychiaterinnen und Psychiater beteiligt sind, wäre da sinnvoll.
Gibt es diesbezüglich Pläne? Was lässt sich besser machen in der Zukunft?
Als Klinikum der Maximalversorgung ist unser großer Vorteil, viele Fachabteilungen beisammenzuhaben. Wir haben daher einen Antrag auf eine sogenannte Ermächtigungsambulanz gestellt, in der wir die Patientinnen und Patienten interdisziplinär betreuen möchten. Bislang führen wir in Einzelfällen diese Verlaufskontrollen ohne Abrechnungsmöglichkeiten durch.
Sehen Sie die Patientinnen und Patienten, die an Long Covid leiden, nach der Entlassung nur einmal?
Nach einer einmaligen Drei-Monats-Kontrolle werden sie mit entsprechenden Empfehlungen wieder bei den niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen angebunden. Mit einer etablierten Post-Covid-Ambulanz möchten wir eine ergänzende interdisziplinäre Betreuungs- und Beratungsmöglichkeit für dieses Krankheitsbild schaffen und somit auf den Bedarf reagieren, den niedergelassene Praxen manchmal nicht vollständig abdecken können.