Kinderkrankenpflege Kompetenz­orientierte Ausbildung

Kinderkrankenpflege war früher ein eigener Beruf. So kennt es noch Katharina Knorr. Inzwischen hat sich die Ausbildung stark verändert, weiß Dr. phil. Martin Mrugalla, der die Berufsfachschule Pflege leitet. PULS hat beide getroffen.

Interview: Prem Lata Gupta

Zu den Personen

Dr. phil. Martin Mrugalla leitet seit Juni 2022 die Berufsfachschule Pflege am Klinikum Braunschweig. Er hat eine Ausbildung in der Pflege gemacht, eine Fachweiterbildung zum Anästhesie- und Intensivpfleger abgeschlossen sowie Pflegemanagement und Schulleitungsmanagement studiert. Neben seiner beruflichen Tätigkeit als Intensivpfleger arbeitete Dr. Mrugalla auch als Pflegedienstleiter, Verkaufsleiter und Lehrer.

Katharina Knorr hat fast 46 Jahre als Kinderkrankenschwester am Klinikum Braunschweig gearbeitet. Ihre Ausbildung begann sie vor mehr als 50 Jahren, später absolvierte sie unter anderem eine Fachweiterbildung zur Fachkinderkrankenschwester in der Intensivpflege, von 1987 bis 2000 und von 2012 bis zum Eintritt in den Ruhestand 2018 war Katharina Knorr Stationsleitung auf der Kinderintensivstation.

Frau Knorr, was war für Sie das Besondere an Ihrem Beruf?

Katharina Knorr: Für mich stand immer die Liebe zu den Kindern im Mittelpunkt. Und der feste Wille, sie in einer schwierigen Lebensphase zu begleiten. Das erstreckte sich auch auf die Eltern, das gehört immer mit dazu.

Wie hat Ihre Ausbildung ausgesehen?

Katharina Knorr: Eine Kinderkrankenschwester muss sehr gut beobachten können – mit allen Sinnen, das muss man trainieren. Vor 50 Jahren hatten wir während der Ausbildung einen Tag pro Woche Schule, während der restlichen Zeit wurde praktisch gearbeitet. Heute ist das Verhältnis von Theorie und Praxis etwa fifty-fifty.

Herr Mrugalla, wenn Sie als Schulleiter eine Lanze für die nun generalistische Ausbildung brechen müssten, was wären gute Argumente?

Dr. Martin Mrugalla: Da ist zum einem die starke Orientierung auf die berufliche Handlungsfähigkeit. Meine eigene Ausbildung in der Pflege verlief von 1994 bis 1997, da gab es noch Fächer. Was man in der Theorie gelernt hatte, musste man irgendwie mit der Praxis kombinieren. Heute geht es darum, egal ob Kinderkranken-, Kranken- oder Altenpflege, dass Auszubildende Kompetenzen erwerben, um in der Praxis angemessen reagieren zu können.

Inwiefern ist das jetzt anders?

Dr. Martin Mrugalla: Die Theorie baut auf praktisch erworbenem Wissen auf. Wenn eine Schülerin oder ein Schüler im Arbeitsalltag etwas über Händedesinfektion lernt, geht es im Unterricht dann um Bakterien und Viren oder auch die Rolle des Robert-Koch-Instituts. Was ebenfalls ein Fortschritt ist: Die generalistische Ausbildung wird automatisch im EU-Ausland anerkannt.

Katharina Knorr: Ich bin nicht per se gegen die generalistische Ausbildung. Aber ich befürchte, dass künftig Kinderkliniken ein großes Problem mit Personalengpässen haben – weil spezialisiertes Wissen in der Pflege dort fehlt und weil die Bewerberzahlen generell nicht ausreichen.

Dr. Martin Mrugalla: Diese Sorge ist begründet, hat aber in erster Linie mit dem demografischen Wandel zu tun. Es gilt, dieses Problem abzumildern. Es ist seit 40 Jahren bekannt, aber es wurde von der Politik zu wenig dagegen unternommen.

Wie unterstützen Sie angehende Pflegefachkräfte, die sich besonders für Kinderkrankenpflege interessieren?

Dr. Martin Mrugalla: Wünsche werden insofern berücksichtigt, dass Auszubildende im dritten Jahr bei praktischen Anteilen nur noch dort eingesetzt werden, wo sie später auch tätig sein wollen. Wir rechnen es gerade durch, aber so könnten wir auf 800 Praxisstunden in der Pädiatrie kommen. Wir wollen das Maximale ermöglichen: So sind 180 Stunden Theorie für den Bereich Pädiatrie vorgeschrieben, wir realisieren 400.

Zu den Personen

Dr. phil. Martin Mrugalla leitet seit Juni 2022 die Berufsfachschule Pflege am Klinikum Braunschweig. Er hat eine Ausbildung in der Pflege gemacht, eine Fachweiterbildung zum Anästhesie- und Intensivpfleger abgeschlossen sowie Pflegemanagement und Schulleitungsmanagement studiert. Neben seiner beruflichen Tätigkeit als Intensivpfleger arbeitete Dr. Mrugalla auch als Pflegedienstleiter, Verkaufsleiter und Lehrer.

Katharina Knorr hat fast 46 Jahre als Kinderkrankenschwester am Klinikum Braunschweig gearbeitet. Ihre Ausbildung begann sie vor mehr als 50 Jahren, später absolvierte sie unter anderem eine Fachweiterbildung zur Fachkinderkrankenschwester in der Intensivpflege, von 1987 bis 2000 und von 2012 bis zum Eintritt in den Ruhestand 2018 war Katharina Knorr Stationsleitung auf der Kinderintensivstation.

Reicht das – im Vergleich zur Ausbildung von Frau Knorr?

Dr. Martin Mrugalla: Wir überlegen jetzt schon, ob nach dem tatsächlichen Einstieg in die Pädiatrie nicht noch flankierende Maßnahmen wie ein Einarbeitungskonzept oder gezielte Weiterbildung angeboten werden könnten.

Was mussten Sie in der Theorie erlernen, Frau Knorr?

Katharina Knorr: Als Fächer hatten wir neben Kinderkrankenpflege und Krankheitslehre unter anderem Anatomie, Chirurgie, Pädagogik, Physik, den Anteil von Mathematik sollte man nicht unterschätzen, Dreisatz muss man können.

Und heute – wie setzt sich der Lehrplan inzwischen zusammen?

Dr. Martin Mrugalla: Es gibt keine Fächer mehr. Theorieinhalte werden kompetenzorientiert unterrichtet. Bei uns wurden 72 Lernsituationen erarbeitet, die auf praktischen Fallbeispielen aufbauen. Beispielsweise leidet ein Kind unter Schmerzen, daneben steht eine ängstliche Mutter. Die Frage lautet immer: Was ist zu tun? Daran lassen sich mehrere Aspekte, die verschiedenen Fächern zuzuordnen sind, bearbeiten. Im Vordergrund steht immer die Handlungsfähigkeit. Insofern ist mit der generalistischen Ausbildung die Praxis gestärkt worden. Das Gesetz schreibt zehn Prozent Praxisanleitungen vor, also lernen vor Ort in Kleinstgruppen. Am Klinikum Braunschweig sind es 20 Prozent. Außerdem sind wir das einzige Haus in der Region, das über ein vollausgestattetes PflegeLAB mit modernen Simulationspuppen verfügt. Wie wir hier Ausbildung auffassen, das ist richtig gut. Und das hilft auch den Schülerinnen und Schülern.

2023-06-01T09:02:00+02:00
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