Pädiatrie als Schwerpunkt Klinikum Braunschweig vertieft generalistische Pflegeausbildung

Mehr Praxiseinsatz in der Pädiatrie: Mit einem Schwerpunkt Kinderkrankenpflege vertieft das Klinikum Braunschweig die generalistische Pflegeausbildung – und gewinnt kompetente Fachkräfte für die anspruchsvolle Versorgung der jungen Patientinnen und Patienten.

Autorin: Susanna Bauch

Foto: Nick Neufeld

Blutdruck messen: Heute begleitet Kollegin Angela Manduca-Pisasale die junge Pflegefachfrau.

Schwerpunkt Pädiatrie: Klinikum Braunschweig erhöht von 120 auf 700 Praxisstunden

Im Klinikum wird die generalistische Pflegeausbildung erweitert – mit einem Schwerpunkt Pädiatrie im dritten Ausbildungsjahr. Im Lehrplan seien 120 Stunden Praxisausbildung auf den Kinderstationen vorgesehen, „wir erhöhen auf 700“, betont Inja Tofern den Aspekt der Qualitätssicherung. Der theoretische Teil hat sich für angehende Pflegefachkräfte mit einer Vertiefung des Fachs Pädiatrie von 180 auf 360 Stunden am Klinikum verdoppelt. Theorieinhalte werden kompetenzorientiert unterrichtet. In der Pflegefachschule wurden dafür 72 Lernsituationen erarbeitet, die auf praktischen Fallbeispielen aufbauen. Der Abschluss ist nach drei Jahren Ausbildung für die pädiatrischen Pflegefachkräfte derselbe wie für die anderen. „Man legt sich nicht zwangsläufig auf Kinder fest – es geht um Vertiefung, nicht um Spezialisierung“, erläutert Tofern.

Für Pauline ist alles noch ganz neu: Erst vor zwei Tagen hat die Neunjährige die Diagnose Diabetes Typ 1 erhalten – eine Erkrankung, die sie von nun an ihr Leben lang begleiten und sie und ihre Eltern sehr fordern wird. Jetzt wird sie auf der Kinder- und Jugendstation betreut und gemeinsam mit ihrer Mutter Nadine behutsam mit neuen Aufgaben und möglichen Risiken rund um die Erkrankung vertraut gemacht. Das Mädchen hört aufmerksam zu. Pauline ist die Patientin von Chantal Fricke, frisch examinierte Pflegefachkraft mit Schwerpunkt Pädiatrie. „Ich wusste lange nicht genau was, aber dass ich mit Kindern arbeiten möchte, das wusste ich schon immer“, sagt die 21-Jährige.

Im Klinikum Braunschweig sind die Kinder und Jugendlichen trotz der noch relativ neuen generalistischen Pflegeausbildung nicht aus dem Fokus geraten. Gesetzlich gibt es seit 2020 für die angehenden Pflegefachkräfte zwar keine expliziten Schwerpunkte etwa für die Pädiatrie mehr.

Berufsfachschule Pflege: Pädiatrie-Inhalte in der generalistischen Ausbildung reichen nicht aus

Foto: Nick Neufeld

Blick in den Vorrat: Für die Kinder auf Station
hält das Klinikum kleine Überraschungen bereit.

„Wir sind aber der Auffassung, dass die Inhalte der generalistischen Ausbildung für den Einsatz in der hochkomplexen Pädiatrie nicht ausreichen “, sagt Inja Tofern, stellvertretende Leitung der Berufsfachschule Pflege am Klinikum. „Wir wollen die Auszubildenden daher mit einer Vertiefung des Themenfelds besser auf die anspruchsvolle Arbeit etwa mit Neu- und Frühgeborenen sowie bei Herzfehlern, Lungen- und Infektionskrankheiten vorbereiten.“

Genau diese Vertiefung hat Chantal Fricke jetzt absolviert. Das spezielle Angebot im Klinikum schätzt sie sehr, denn auch ihrer Ansicht nach kommt die Kinderpflege in der reformierten Ausbildung zu kurz. „Die vielen Praxisstunden auf der Neonatologie, in der Aufnahme und auf der onkologischen und infektiologischen Station in der Kinder- und Jugendklinik – das hat mir genau gezeigt, was auf mich zukommt und zudem besser auf den täglichen Ablauf auf den Stationen vorbereitet.“ Schließlich erledige sie von Tag eins als Examinierte ihre Aufgaben weitgehend eigenständig, inklusive Dokumentation.

An diesem Sommertag ist die Station V02 gut besetzt, immer wieder kann Chantal Fricke bei ihrer erfahrenen Kollegin Angela Manduca-Pisasale nachfragen, wenn sie Unterstützung oder Bestätigung benötigt. Ihr größtes Erlebnis während der Vertiefungsphase auf Station? „Ich habe ein 24 Wochen altes Frühchen auf dem Arm gehalten und es versorgt, das war sehr berührend.“

„Ich wollte einfach näher an die Kinder, ihnen helfen, sie unterstützen und motivieren – auch in schweren Situationen“, sagt die junge Pflegefachkraft und lächelt. So ist sie zum Klinikum gekommen– wie übrigens auch ihre beiden Schwestern – alle drei Töchter der Familie Fricke haben den Pflegeberuf und diese Klinik gewählt.

Foto: Nick Neufeld

Oberarzt Torsten Ebeling schaut mit Chantal Fricke auf den Befund eines jungen Patienten.

Schwerpunkt Pädiatrie: Klinikum Braunschweig erhöht von 120 auf 700 Praxisstunden

Im Klinikum wird die generalistische Pflegeausbildung erweitert – mit einem Schwerpunkt Pädiatrie im dritten Ausbildungsjahr. Im Lehrplan seien 120 Stunden Praxisausbildung auf den Kinderstationen vorgesehen, „wir erhöhen auf 700“, betont Inja Tofern den Aspekt der Qualitätssicherung. Der theoretische Teil hat sich für angehende Pflegefachkräfte mit einer Vertiefung des Fachs Pädiatrie von 180 auf 360 Stunden am Klinikum verdoppelt. Theorieinhalte werden kompetenzorientiert unterrichtet. In der Pflegefachschule wurden dafür 72 Lernsituationen erarbeitet, die auf praktischen Fallbeispielen aufbauen. Der Abschluss ist nach drei Jahren Ausbildung für die pädiatrischen Pflegefachkräfte derselbe wie für die anderen. „Man legt sich nicht zwangsläufig auf Kinder fest – es geht um Vertiefung, nicht um Spezialisierung“, erläutert Tofern.

Nach Pädiatrie-Vertiefung: Einsatz in der Kinderintensivpflege und Neonatologie

Auch auf die traurigen oder harten Momente wurde Chantal Fricke während ihrer Ausbildung vorbereitet. Aber nicht nur dort. „Meine beste Freundin ist an einem Hirntumor gestorben, auch da habe ich schon ein bisschen lernen müssen mit so etwas umzugehen.“ Im Pädiatrieschwerpunkt ist die Kommunikation mit Angehörigen auch ein Thema. „Wir müssen uns immer wieder neu auf alle und alles einstellen – dank der Ausbildung habe ich das Gefühl, das kommt bei mir jetzt fast von allein.“ Die junge Frau strahlt.

Beim Aufziehen der Infusion guckt ihr Kollegin Angela noch über die Schulter, der Befund eines neuen kleinen Patienten wird mit Oberarzt Torsten Ebeling besprochen. Dann geht die 21-Jährige ins Zimmer von Pauline zurück, entfernt den intravenösen Zugang, nimmt etwas Blut von der Fingerspitze ab, um den Blutzuckerwert zu bestimmen, misst Blutdruck und erklärt Mutter und Tochter geduldig, wie die Insulinspritzen mit einem Pen gesetzt werden und wie die Blutzuckerwerte in Messtabellen eingetragen werden. „Ein tolles Mädchen“, schwärmt Chantal Fricke von ihrer jungen Patientin. Die mache das richtig gut. Mutter und Tochter wiederum fühlen sich bei der jungen Pflegefachkraft auch bestens aufgehoben.

Chantal Fricke
frisch examinierte Pflegefachfrau mit Schwerpunkt Pädiatrie

Foto: Nick Neufeld

Chantal Fricke
frisch examinierte Pflegefachfrau mit Schwerpunkt Pädiatrie

Mit Chantal Fricke hat der erste Jahrgang die generalistische Pflegeausbildung im Juli abgeschlossen. Vier junge Fachkräfte entschieden sich für die angebotene Vertiefung in Pädiatrie, drei von ihnen arbeiten jetzt examiniert im Haus weiter. Für die Pflegefachfrau wird es nach Station V02 weitergehen. „Ich arbeite dann in der Kinderintensivpflege und Neonatologie“, sagt sie – ihr Wunschbereich.

Pflegedirektor Rick Pieger verspricht sich vom Pädiatrie-Schwerpunkt mehr Bewerbungen für den Pflegeberuf: „Mit dem Wegfall der spezialisierten Kinderpflege haben wir eine komplette Zielgruppe verloren.“ Am Klinikum werde eine Vertiefungsausbildung de luxe angeboten, „mir ist wichtig, dass das von den jungen Menschen auch erlebt wird“. Die pädiatrische Intensivpflege etwa sei genauso anspruchsvoll wie die Neonatologie. „Wir wollen sämtliche Qualitätsvorgaben professionell umsetzen“, betont Rick Pieger. Durch die Vertiefung würde die komplette pädiatrische Praxis – von Geburtshilfe bis zu Kinderstationen – enorm aufgewertet. „Unser Angebot wird sich herumsprechen – und wir wollen auf keine Bewerberin und keinen Bewerber verzichten.“

2023-11-20T18:22:36+01:00
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