Puls – Das Magazin für Gesundheitsinteressierte | Ausgabe 06/2022

Üben am Modell: Karina Kim ist Praxisanleiterin aus Überzeugung. Hier demonstriert sie vor Auszubildenden, wie man richtig Blutdruck misst.

Praxisanleitung gibt Pflegefachkräften in der Ausbildung viel Sicherheit

Karina Kim ist Praxisanleiterin: In Ihrem Fulltime-Job vermittelt sie angehenden Pflegefachkräften notwendiges Basiswissen und
bringt ihnen bei, wie man auch in komplexen Situationen richtig handelt.

Autorin: Prem Lata Gupta

Üben am Modell: Karina Kim ist Praxisanleiterin aus Überzeugung. Hier demonstriert sie vor Auszubildenden, wie man richtig Blutdruck misst.

Gerade noch hat Maximilian Reinert auf der Neurologischen Station 1b einem Patienten mit Schluckstörungen das Essen angereicht. Doch jetzt konzentriert sich der angehende Pflegefachmann auf die Ausführungen von Karina Kim: Die Praxisanleiterin zeigt ihm Schritt für Schritt, wie sie eine Infusion vorbereitet – in diesem Fall ist es eine Kochsalzlösung, der ein Antibiotikum beigemischt wird. Der 19-Jährige schaut aufmerksam zu. „So lernen wir jeden Handgriff von der Pike auf“, betont er.

Praxisanleitung für angehende Pflegefachkräfte

Praxisanleitung bedeutet als Konzept, allein, zu zweit oder in Kleingruppen geschult zu werden. Es ist ein Unterschied zu theoretischem Unterricht – aber eben auch zu der täglichen Arbeit auf der Station, bei der Auszubildende das reguläre Fachpersonal bereits unterstützen. Bei der Versorgung von Patientinnen und Patienten geht es betriebsam zu, nicht immer bleibt Zeit für lange Erklärungen. „Praxisanleitung dagegen ist intensiv“, betont Karina Kim (26). Sie hat sich sehr bewusst für ihre Aufgabe entschieden. „Mir macht es Freude, Auszubildenden etwas zu vermitteln“, erklärt Karina Kim. Im Klinikum Braunschweig arbeiten sie und ihre 18 Kolleginnen in Voll- oder Teilzeit ausschließlich als Praxisanleiterinnen. Die Teammitglieder können sich voll auf ihre Arbeit konzentrieren – das ist ein Vorteil gegenüber anderen Häusern, in denen Mitarbeitende zum Teil auf Station arbeiten und nur stundenweise den Nachwuchs schulen.

Basiswissen in der Pflegefachausbildung

Karina Kim und die anderen im Team setzen bewusst Schwerpunkte, denn der Klinikalltag ist herausfordernd. Allein das Thema Dokumentation hat viele Aspekte: „Ich zeige den Auszubildenden auf der neurologischen Station CT- und MRT-Bilder. Ich gehe die Anordnungen von Ärzten durch und erkläre, wie diese umzusetzen sind.“ Laboretiketten ausdrucken, Pflegeberichte schreiben, digital erstellte Pflegepläne und auch die darin vorgegebenen Maßnahmen verstehen – dies gehört ebenfalls zu dem Know-how, das sich der Nachwuchs aneignen muss. Die Praxisanleiterinnen sind bekannt im Haus, ihre Tätigkeit erfolgt koordiniert über Dienstpläne: Sie melden sich demzufolge gezielt auf den Stationen an und äußern auch Wünsche, was sie den Auszubildenden als Nächstes vermitteln wollen.

Pflegefachkäfte in Ausbildung entwickeln Kompetenzen

Auf einer neurologischen Station wie der 1b könnte das sein, dass ihre Schützlinge lernen sollen, einen Schlaganfallpatienten zu duschen. In der Inneren Medizin lässt sich trainieren, wie Blut abgenommen oder eine Infusion vorbereitet und verabreicht wird. Die chirurgische Station eignet sich, um Verbandswechsel zu üben. Praxisanleitung dient dazu, Sicherheit zu vermitteln, im Klinikum Braunschweig werden mehr als die gesetzlich geforderten zehn Prozent der Ausbildungszeit durch Praxisanleiterinnen – noch gibt es keine männlichen Kollegen – begleitet.

Karina Kim zeigt dem Auszubildenden Maximilian Reinert, wie eine Infusion korrekt vorbereitet wird.

An der Berufsfachschule Pflege durchlaufen die Schülerinnen und Schüler während der dreijährigen Ausbildung 2100 Unterrichtsstunden in fünf Kompetenzbereichen. „Das ist sehr viel theoretisches Wissen, der Transfer in die Praxis ist gar nicht so einfach.“ Sie merkt sich, wenn Handgriffe noch nicht sitzen. Dann lässt sie Auszubildende diese Übung bei der nächsten Praxisanleitung wiederholen. Ideal sind die Trainings- und Simulationseinheiten im PflegeLAB. Es befindet sich am Standort Holwedestraße. Dort arbeiten die Praxisanleiterinnen mit Trainingspuppen. Das modernste Exemplar ist der Nursing-Ann-Simulator: Es lässt sich wahlweise in eine junge Person oder in einen älteren Menschen verwandeln. Computergesteuert kann die Praxisanleitung ihn beispielsweise schwer atmen lassen oder einen hohen Blutdruck vorgeben.

in Voll- und Teilzeit arbeiten im
Klinikum Braunschweig.

PflegeLAB topmodern: Dazu gehören Simulationspuppe und Regieraum.

Praxisanleitung im PflegeLAB

Karina Kim schiebt die Bettdecke beiseite und erklärt. „Zur richtigen Hygiene gehört hier auch, die Bauchschürze anzuheben, die Haut dort zu waschen und bei Bedarf einzucremen. Das darf bei der Pflege nicht vergessen werden.“ Die Praxisanleiterin zeigt anhand der Trainingspuppe, wie man die Haut am Bauch anfasst, damit sich eine Falte bildet: So lässt sich eine Injektion geben. „60 Trainingsszenarien haben wir schon erarbeitet – das ist ein Angebot für Auszubildende, das es in anderen Häusern nicht gibt“, erläutert Melanie Sauerborn, Leiterin des PflegeLAB. „Hier dürfen sie aus Fehlern lernen, das hat einen enorm positiven Effekt.“

Praxisanleiterin ist Ansprechpartnerin

Zur hochmodernen Ausstattung gehört auch ein Regieraum. Von dort lässt sich über einen Monitor und ein Soundsystem genau verfolgen, wie sich angehende Pflegefachkräfte bei schwierigen Aufgabenstellungen verhalten. „Dann verfolge ich das Geschehen von der Regie aus. Das ist den Auszubildenden lieber, als wenn ich hinter ihnen stehe“, schmunzelt Karina Kim. Denn Praxisanleitung vermittelt nicht nur die angemessene und richtige Versorgung von kranken Menschen. Karina Kim und ihre Kolleginnen sind Ansprechpartnerinnen und werden zum Teil auch als Vertrauenspersonen wahrgenommen. Ehrliches Lob von Maximilian Reinert: „Mit ihr als Praxisanleiterin kann ich über alles reden.“

Praxisanleitung

Praxisanleiterinnen und -anleiter verfügen über ein klares Kompetenzprofil: Voraussetzung, um diese Tätigkeit ausüben zu können, sind eine abgeschlossene Pflegefachausbildung, mindestens zwei Jahre Berufserfahrung und eine 300 Stunden umfassende Fachweiterbildung zur Praxisanleitung. Dabei werden auch pädagogische und kommunikative Aspekte vertieft. Am Ende steht eine Prüfung. Jährliche Fortbildungen sind vorgeschrieben. Einige Praxisanleiterinnen am Klinikum Braunschweig haben einen Bachelor, andere arbeiten darauf hin – etwa in Fächern wie Pflegewissenschaften, Gesundheitsmanagement oder auch Medizinpädagogik.

Karina Kim
Praxisanleiterin

Karina Kim
Praxisanleiterin

2022-12-23T10:04:41+01:00
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