Sepsis:
Ein unbekanntes Risiko
Unterschätzt und hochgefährlich: Eine Sepsis muss sofort mit einem Breitbandantibiotikum behandelt werden. Parallel dazu muss die Ursache der Sepsis gefunden werden.
Autorin: Susanna Bauch
Akut lebensbedrohlich und unter dem Fachbegriff vielen Menschen nicht geläufig: Eine Sepsis – oft auch Blutvergiftung oder Blutstrominfektion genannt – kann als gefährliche Komplikation bei verschiedensten Infektionskrankheiten entstehen. Dabei wird die körpereigene Reaktion auf eine meist bakterielle Infektion fehlreguliert und es kann zu einer Schädigung der Organe und schließlich zu einem Multiorganversagen kommen.
Dr. Frank Gradaus
Oberarzt Intensivstation
Schwere Sepsis oder septischer Schock
Die Expertinnen und Experten unterscheiden zwischen schwerer Sepsis und einem septischen Schock. „Bei Letzterem kommt es zu einem Multiorganversagen, in jedem Fall muss adäquat und vor allem schnell behandelt werden, das Sterberisiko bei einem septischen Schock liegt noch höher als bei einer Sepsis“, betont Dr. Frank Gradaus, Intensivmediziner und Oberarzt der Medizinischen Intensivstation am Klinikum Braunschweig.
„Der Begriff Sepsis ist vielen Menschen nicht geläufig“, sagt Dr. Gradaus. 47 Prozent der Bevölkerung hätten den Begriff noch nie gehört. „Dabei zählt eine Sepsis zu den drei häufigsten Todesursachen auf Intensivstationen“, so der Mediziner. 60 000 Todesfälle sind jährlich darauf zurückzuführen, die Sterblichkeit nach entsprechender Diagnosestellung liegt zwischen 20 und 40 Prozent.
Symptome einer Sepsis sind vielfältig
Bei der erfolgreichen Behandlung einer Sepsis zählt der Zeitfaktor. „Verdachtsfälle müssen unmittelbar mit einem Breitbandantibiotikum versorgt werden, danach kommt die Suche nach der Ursache für die Sepsis (körperliche Untersuchung, Laboruntersuchungen, Sonografie, Röntgendiagnostik und so weiter).
Symptome für eine Sepsis sind etwa erhöhte Körpertemperatur und Atemfrequenz sowie erhöhte Entzündungsmarker – weiße Blutkörperchen – im Blut oder auch Verwirrtheit. „Den typischen Sepsispatienten gibt es nicht, häufig kommt der Patient oder die Patientin mit Fieber, Schwäche und ausgeprägtem Krankheitsgefühl“, sagt der Mediziner. Bildgebende Verfahren würden dann oft als Ursache der Sepsis eine Lungenentzündung ermitteln. Die Urosepsis, also die akute bakterielle Infektion im Urogenitaltrakt, kann sich durch starke Rückenschmerzen und Schmerzen beim Wasserlassen ankündigen. Auch postoperative Infektionen gehören zu den Ursachen. Es sei nicht immer leicht und eindeutig möglich, eine Sepsis zu erkennen.
Behandlung bei einer Sepsis
Wichtig bei Diagnose und Therapie sei die Abnahme der Blutkulturen, um ein passendes Antibiotikum zu verabreichen. Zudem werden Infusionen und oft auch kreislaufunterstützende Medikamente gegeben. „Zusätzlich muss die Ursache (Fokus) der Sepsis in manchen Fällen auch chirurgisch behandelt werden, zum Beispiel bei Abszess oder einer akuten Entzündung“, sagt Dr. Gradaus.
Abgesehen von akuten Infektionen und Operationen oder wenn Bakterien über offene Wunden in den Körper gelangen gibt es Vorerkrankungen und Risikofaktoren, die für Patientinnen und Patienten die Gefahr einer Sepsis erhöhen. „Hohes Alter, Diabetes, Krebserkrankungen, Immunsuppression und Chemotherapien zählen dazu“, erläutert der Internist. Problematisch wird es, wenn Betroffene die Symptome nicht erkennen oder unterschätzen, zu spät in die Klinik kommen und dadurch wertvolle Zeit für die Behandlung verloren geht. Für alle Fälle gilt die Reihenfolge: Blut abnehmen, Breitbandantibiotikum, Ursache eruieren, Überwachung auf der Intensivstation.
Ursachen einer Sepsis
Eine Sepsis entsteht, wenn krankheitserregende Keime von einem zunächst lokal begrenzten Infektionsherd ins Blut gelangen und dann über den Blutkreislauf den gesamten Körper überschwemmen. Akut lebensbedrohliche Dysfunktionen von Organen werden meist durch Bakterien ausgelöst. „Die Ursache kann sowohl von der Lunge ausgehen als auch von der Galle. Für eine sogenannte Urosepsis können Harnleitersteine verantwortlich sein“, erklärt Dr. Gradaus. Aber auch Hirnhaut- oder Herzklappenentzündungen können zu einer Sepsis führen. Wichtig ist die Unterscheidung zwischen Sepsis und septischem Schock, bei dem die Folge ein Multiorganversagen sein kann.
Der Sepsisherd ist häufig im Urogenital- oder Darmtrakt zu finden, Erreger sind hier oft Bakterien wie Escherichia coli. (Video: istock – Maksim Tkachenko )