Histotripsie:
Innovative Methode zerstört Krebszellen
Das Ultraschall-Verfahren ist innovativ – und kann Hoffnung bedeuten, zunächst bei Leberkrebs: Bei der sogenannten Histotripsie torpedieren Mikrobläschen das Tumorgewebe.
Autorin: Prem Lata Gupta
Die Histotripsie wird derzeit international in einer klinischen Studie erforscht. In Deutschland geschieht dies nur an zwei Orten, und zwar ma Klinikum Braunschweig und am Universitätsklinikum Magdeburg. Aktuell geht es um die Sicherheit und die Wirksamkeit der Therapie bei Patientinnen und Patienten, die an einem Primärtumor der Leber oder an Metastasen an diesem Organ leiden. Die Studie trägt den Namen #HOPE4LIVER (deutsch: „Hoffnung für die Leber“). Es sollen Erkrankte profitieren, bei denen andere Therapieansätze ausgeschöpft sind.
Mit Mikrobläschen gegen Tumore
Die Histotripsie ist ein schonendes Verfahren, das ohne Skalpell auskommt, bei dem krankes Gewebe weder Strahlen noch Hitze ausgesetzt ist. Vielmehr basiert das Prinzip auf fokussiertem Ultraschall. Der Prototyp des Geräts für die Behandlung wurde aus den USA angeliefert. „Die Wellen laufen dabei gezielt auf einen exakt berechneten Punkt zu, es entstehen Mikrobläschen, die implodieren: Der so erzeugte Unterdruck zerstört die Wände von Krebszellen und verflüssigt diese“, erläutert Prof. Dr. Philipp Wiggermann, Chefarzt der Klinik für Radiologie und Nuklearmedizin. Die übrig gebliebenen Restbestände der Krebszellen seien für den menschlichen Organismus ungefährlich und würden vom Blutkreislauf abtransportiert. Genaue Berechnungen vorab, die in eine Software eingespeist werden, ein Roboterarm sowie eine Ultraschallkontrolle während der Behandlung ermöglichen maximale Präzision. Von Vorteil ist außerdem, dass der Eingriff transkutan erfolgt: durch die Haut, die dabei nicht verletzt wird – und ohne gesundes Gewebe zu beschädigen.
Histotripsie: Eine neue Art der Chirurgie?
Das innovative Verfahren basiert auf Erkenntnissen von Ultraschall-Fachleuten der Universität in Michigan (USA). Gemeinsam mit der Herstellerfirma Histosonics und Kolleginnen und Kollegen der Universität Wisconsin arbeitet ein multidisziplinäres Team daran, diese Erkenntnisse in klinische Behandlungsansätze zu überführen. Ziel ist es, mit der neuen Methode bereits praktizierte minimalinvasive Eingriffe als medizinischen Standard nochmals zu übertreffen und die Chirurgie damit zu revolutionieren. Die Spezialistinnen und Spezialisten streben verbesserte Möglichkeiten bei der Behandlung von schweren Erkrankungen beispielsweise der Leber, der Nieren und der Bauchspeicheldrüse an.
Schonendes Verfahren bei Lebertumoren
„Etwa 45 Minuten dauert eine Pulsung“, erläutert der Chefarzt. Mittels bildgebender Verfahren wie CT oder MRT wird das Ergebnis der Behandlung anschließend bewertet. So ist es geschehen bei mehreren Erkrankten, die am Klinikum in die #HOPE4LIVER-Studie aufgenommen wurden. Bereits nach der ersten Histotripsie-Anwendung äußerte sich Oberarzt Dr. Mathis Planert erfreut: „Die Behandlung konnte erfolgreich durchgeführt werden. Dem Patienten ging es sowohl vorher als auch nachher gut.“ Nach dem positiven Start konnte dieses Ergebnis wiederholt werden: Genau wie der Chefarzt äußert er die Hoffnung, weitere Patientinnen und Patienten, die für die Therapie geeignet sind, in die Studie mit aufnehmen zu können.
Invasive Methode gegen Krebszellen
Grund für die Teilnahme des Klinikums Braunschweig an der klinischen Studie sind bereits bestehende Kontakte von Prof. Dr. Philipp Wiggermann zu führenden Investoren, die sich auf innovative Medizintechnik konzentrieren. Sie treiben das neue Verfahren und die Zulassung voran. Der Chefarzt setzt auf den Vorteil internationaler Vernetzung, um wegweisende Methoden für Patientinnen und Patienten schnellstmöglich verfügbar zu machen. Er verweist auf andere minimalinvasive Verfahren innerhalb der Radiologie, die er frühzeitig genutzt hat: „Was vor 15 Jahren brandneu war, hat sich schnell etabliert und ist heute Standard.“
In der Histotripsie – auch wenn die innovative Behandlung noch in der Erprobung ist und weitere klinische Studien folgen müssen – sieht er Potenzial: „Tumore dank dieser neuen Therapieform nicht invasiv zu zerstören könnte für viele Patientinnen und Patienten in der Zukunft einen Vorteil darstellen. Das ist nicht nur sehr schonend als Verfahren, sondern es würde auch eine ambulante Therapie ermöglichen.“
Mehr über das Ultraschall-Verfahren im Klinikum Braunschweig erfahren Sie in diesem Video.